Die Verlierer: Neue Punk-Band kommt aus den letzten versifften Kellern Berlins gekrochen


Die Band speist sich aus Mitgliedern der Garage-Gruppe Chuckamuck und Punk-Kombo Maske – und stellt sich gegen eine Stadt, die sich zunehmend ihrer Identität beraubt.

Kann Punk in der Stadt, die Berlin im Jahre 2022 geworden ist, noch sprießen? Er kann: Die Verlierer widmen sich ganz der Spielart oder zumindest der Haltung jenes Genres, das Mitte der 70er-Jahre in New York und London entstanden ist. Was aus Städten wird, wenn einzig und alleine das Kapital regiert, nämlich eine gesichtslose Hülle, zeigen die beiden Metropolen par excellence. Aber ob damit auch der Weg für Spree-Athen vorgezeichnet ist?

Der Wahn im Mond

Das ist ein größeres Thema – zunächst zurück zu den Verlierern. Die Band setzt sich aus Lorenz O’Tool, Oska Wald und Jiles von der Garage-Gruppe Chuckamuck, sowie Hannes Berwing und Jonas Häussermann der Punk-Kombo Maske zusammen. Am Freitag (18.02.) feierte ihre erste Single „Mann im Mond“ in der Berliner 8mm-Bar Videopremiere. Musik und Bilder werden von einer beinahe klaustrophobischen Atmosphäre getrieben: „Vielleicht beschreibt der Song einen gewissen Wahn. Du fühlst dich verfolgt, weißt aber nicht wovon?“, so Lorenz O’Tool.

Chuckamuck + Maske = Die Verlierer

Für die Regie des Musikvideos war Leon Zidek verantwortlich. Darin zu sehen sind vier Gestalten in Giftschutz-Anzügen – und ein sich sichtlich bedroht fühlender Kerl, der mit Helm auf dem Kopf und Taucherbrille auf den Augen vor einer unsichtbaren Gefahr davonzurennen scheint. Über allem droht der helle Mond.

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Aus ranzigen Hauptstadt-Kellern in die Uckermark

Der Entschluss, gemeinsam Musik zu schaffen, wuchs im Berliner Untergrund – irgendwo in den letzten besetzten Kellern der Stadt. Man hatte sich auf Punk-Konzerten kennengelernt und einen gemeinsamen Nenner entdeckt. Danach ging es in den Nordosten von Brandenburg, wie Gitarrist und Sänger Lorenz O’Tool ausführt: „Wir hatten uns in unserem Studio in der Uckermark getroffen, um eine Split-Single aufzunehmen. Es wurde nur in keinster Weise darauf eingegangen und wir haben stattdessen nur gezockt, gesoffen und gemacht, was man halt so macht. Im Endeffekt blieben wir eine Woche, die Tracks wurden frisch geschrieben, aufgefrischt, ohne zu Proben direkt auf Band gepresst. Wir mochten uns ganz gern und wiederholten das einmal.“

Jiles, Oska Wald, Lorenz O‘ Tool, Jonas Häussermann und Hannes Berwing (v.l.n.r.)

Einspruch

Die selbstbetitelte Debüt-Platte DIE VERLIERER erscheint am 11. März als Tape und digital via „Mangel Records“, im Sommer soll die Vinyl-Pressung folgen. Wie dem Pressetext zu entnehmen ist, soll das musikalische Spektrum von schnellen Punk-Riffs mit angepissten Gesängen über NDW bis hin zu Krautrock reichen. Weiter heißt es darin: „Beschönigt wird nichts; weder das nach Spektakel gaffende deutsche Gutbürgertum, noch die oft widersprüchliche eigene Lebensrealität.“

Klar ist: Diese Hauptstadt braucht Gegenkultur mehr denn je, um zumindest einen Teil seiner Identität zu behalten. Ob Berlin vor New Yorker und Londoner Verhältnissen bewahrt werden kann? Nun, man hat schon Pferde vor die Apotheke kotzen sehen. Zumindest, und sei es durch den Band-Ethos, erheben Gruppen wie Die Verlierer Einspruch. Gegen eine Stadt, deren raue Fratze von Jahr zu Jahr weicher gezeichnet wird – so lange, bis ihr Gesicht irgendwann nicht mehr zu sehen ist.

Chuckamuck: Konzert als Abschluss der Ausstellung „Fenster zur Welt“
Die Verlierer