Drei kühle Köpfe bleiben selbstbewußt. Die Heads kommen auch ohne ihren einstigen Vordenker David Byrne gut klar


Sie könnten eine dieser zahllosen US-Newcomerbands sein, die den großen Wurf landen wollen: The Heads treffen mit ihrem Debütalbum zwar genau ins Schwarze, aber Newcomer sind sie beileibe nicht. Hinter dem Namen versteckt sich historisch relevante Musiker-DNA, von der in den 70ern und 80ern viele andere Formationen ihren Lebensstammbaum abgezweigt haben. Der Titel des Heads-„Debüts“ gibt dann endlich Aufschluß über die Urheber: ‚No Talking just Heads‘. Der unübersehbare Sticker auf dem Cover tut das Übrige: „This is a new record by The Heads, not the Talking Heads. The Heads are Chris Frantz, Jerry Harrison und Tina Weymouth.“ Nur Ober-Kopf David Byrne ist nicht dabei. Immerhin erklärt seine Abwesenheit die Namensänderung. „Ich weiß nur zu gut, daß alle denken, es sei nur eine halbe Sache, wenn der ehemalige Sänger nicht dabei ist“, nimmt Chris Frantz die ersten Bedenken vorweg. „Wir haben ihn tatsächlich gefragt, doch er wollte nicht einmal einen Song mit uns aufnehmen, dafür bestand er auf den Aufkleber,“ frotzelt Chris in Richtung Byrne. Letzterer hat sogar eine Unterlassungsklage eingereicht, um sicherzustellen, daß ohne seine Beteiligung niemand den Namen Talking Heads benutzt. Und weil die Heads den Namen Talking Heads ja auch nicht benutzen, rechnet niemand ernsthaft damit, daß Byrne rechtbekommt, auch Mr. Frantz nicht. Der sitzt relaxt im Büro seiner Farm in Connecticut, wo er mit Frau Weymouth und den zwei Kindern lebt. Die letzten Jahre verbrachte das Paar damit, seine eigene Band Tom Tom Club, die Happy Mondays oder Ziggy Marley zu produzieren. Kollege Harrison verbuchte indes auf der gleichen Schiene Erfolge mit Live, den Crash Test Dummies und seinen Soloplatten. Doch irgendwann juckte es die drei „not talking Heads“, die sich nie aus den Augen verloren hatten, in den Fingern, wieder etwas gemeinsam zu machen. Und so ist die gute Laune von Chris Frantz auf die weltweite Veröffentlichung der Heads-Platte zurückzuführen. Auf dem Album geben sich so illustre Gastsänger wie Johnette Napolitano, Michael Hutchence, Maria McKee, Ed Kowalczyk (Live), Shaun Ryder (Happy Mondays) oder Deborah Harry (Blondie) das Mikrofon in die Hand. „Es geht um seelische Grausamkeiten. Wunden die hinterlassen werden“, erklärt Chris. „Ob man das auf unsere Beziehung zu David auslegen kann? Klar kannst du das. Doch mit der Zeit heilen die Wunden, es lohnt sich nicht, dem anderen böse zu sein. Schon lange vor unserem Ende 1991 hatte uns David aus seinem Kosmos ausgeschlossen. Da kommt es natürlich zu Spannungen und irreparablen Verstimmungen. Aber das sind olle Kamellen“, meint Chris, obwohl er trotzdem gerne Fragen über Byrne beantwortet. Etwa die, ob die gefesselte, mit Begriffen wie Arroganz, Grausamkeit und Haß versehene Voodoo-Puppe auf der Rückseite des Heads-Covers den alten Weggefährten darstellen soll? „Das kannst du so schreiben, auch wenn ich nicht genau weiß, was sich Tina dabei gedacht hat.“ Kleine Pause. Dann: „Aber das ist ein guter Interpretationsvorschlag!“