Dreifacher Gau: Bomben unterm Kinosessel


Wenn im Kino das Licht angeht, ist alles vorbei. "The End" auf der Leinwand ist wie ein neuer Anfang für das Leben, in das der Zuschauer - klüger, besser gelaunt oder einfach nur müde - entlassen wird.

Was aber, wenn „The End“ das letzte Zeichen eines Films war, der sich um das Ende der Welt drehte? Hollywood hatte bei der Vermarktung der Apokalypse noch nie sonderliche Skrupel, und immer häufiger war dabei in den letzten Jahren das Atom im Spiel – ob in „China Syndrom“ (mit Jane Fonda und Jack Lemmon) der Reaktor-GAU gerade noch abgewendet wurde oder in „The Day After“ das Leben nach dem Ende weitergedacht wird. Mit Ausnahme weniger engagierter Dokumentationen wie „Atomic Cafe“ handelte es sich dabei meist um Fiktion.

Diesen Monat kommen gleich drei Filme ins Kino, die reale atomare Katastrophen aufgreifen. „Tschernobyl – Die Schwelle“ ist ein einzigartiges Filmdokument der Folgen des russischen Reaktorunglücks vom 26. April 1986. Regisseur Joseph Vilsmaier („Herbstmilch“) entdeckte den Film zufällig in der Sowjetunion und holte ihn kurzentschlossen nach Deutschland. Genauso unerschrocken wie die Helfer der ersten Stunden waren auch die Macher dieses technisch teilweise unzulänglichen Films am Brennpunkt des Geschehens.

Die Folgen der anderen großen und unrühmlichen atomaren Katastrophe unseres Jahrhunderts behandelt der japanische Film „Schwarzer Regen“. Regisseur Shohei Imamura verfilmte einen Roman von Masuji Ibuse, der sich um eine Handvoll Menschen dreht, die unter Langzeitschäden und Spätfolgen der Atombombe leiden, die Amerika am 6. August 1945 über Hiroshima abwarf. Allein die Angst davor, die Krankheit könnte irgendwann ausbrechen, treibt die Hauptfigur, die 25jährige Yasuko (Yoshiko Tanaka) zum Wahnsinn. „Schwarzer Regen“ wurde in Cannes 1989 für seine brillanten Schwarzweiß-Bilder ausgezeichnet.

Aus Hollywood schließlich kommt die Vorgeschichte zu Hiroshima: „The Shadowmakers“ schildert die Entstehung eben jener Bombe, die für das Leid verantwortlich war.

Paul Newraan spielt den General Leslie Groves, der dem Physiker J. Robert Oppenheimer (Dwight Schultz) den Auftrag gab, „Fat Man“ und „Linie Boy“ zu bauen – die ersten beiden Atombomben der Geschichte. Regisseur Roland Joffe stieß, wie auch schon mit seinem Film „Killing Fields“, in den USA mit „The Shadowmakers“ nicht gerade auf einhellige Begeisterung oder gar kommerzielle Zustimmung.

Das Dilemma der „Atom-Filme“ ist nicht neu: Wer sich im Kino „ein paar schöne Stunden“ machen möchte, will nicht gerade mit verbrannter Erde und entstellten Körperteilen konfrontiert werden. Wird das Entsetzen aber, wie etwa in „Silkwood“, durch eine süffige Romanze allseits goutierbar gemacht, schmilzt die brisante Thematik auf ein Häufchen wohl verbrämter Sozialkritik.

Daß in den ersten Wochen des Jahres gleich drei Filme starten, die ernsthaft versuchen, atomare Sünden aufzuarbeiten, das deuten wir jetzt einfach mal als ein gutes Omen.