Elvis Costello


This Year's Model (1978)

84 .,I don’t wanna kiss you, I don’l wanna touch“, I schnarrte Elvis a-capella angewidert, als hätte er gerade mit Abwaschwasser gegurgelt. Und schon bricht ein nicht mal 2-minütiger Pop-Orkan los, der keinerlei Zweifel zuläßt: Dieser Mann würde sich ganz gewiß nicht als Punk-Pinup verfüttern lassen. „No Action“, so hieß der furiose Auftakt des zweiten Costello-Albums, variierte noch einmal das Hauptthema des 7 7er-Debüts „My Aim fs True“: Sexuelle Frustration, Kommunikationsprobleme mit dem anderen Geschlecht. Doch inzwischen hatte der wortgewandte Zyniker auch andere Opfer im Visier. In „Lip Service“ pinkelt er den A&R-Menschen der Plattenindustrie ans Trend-Bein. Und mit „This Year’s Girl“, dem von Antonioni’s LondonFilm ,Blow Up‘ inspirierten ,,I Don’t Wanna Go To Chelsea“ (wie das Anti-Faschismus-Statement „Night Rally“ nicht auf der US-Ausgabe zu finden) und der rasanten, von Drummer Pete Thomas unerbittlich getriebenen Tour-De-Force von „Lipstick Vogue“ ließ Costello seine Giftpfeile gleich dreimal in Richtung Mode & Lifestyle sausen — zu einem Zeitpunkt wohlgemerkt, als Worte wie „Yuppie“ oder „Zeitgeist“ noch nicht mal erfunden war. Auch die Musik setzte neue, wesentlich schärfere Akzente. War das Debüt noch das Ergebnis eines hektischen Studio-Schnellschusses mit Leihband aus den USA (Clover), so präsentierte sich Costello unter der knackigen Regie von Nick Löwe mit seinen inzwischen live eingespielten Attractions als echte Power-Pop-Einheit. So etablierte „This Year’s Model“ Elvis Costello endgültig als den besten Songwriter, den die sogenannte ,New Wave 1 hervorbringen konnte.