Eurythmics


Daß die beiden plötzlich wieder so aktiv würden, hatte kaum noch Jemand erwartet: Denn Dave Stewart schien sich als Produzent in allzu vielen Auftragsarbeiten zu verzetteln. Und Annie Lennox, in zweiter Ehe mit dem Literaten Uri Fruchtmann verheiratet, erlitt im Dezember 1988 eine Fehlgeburt und zeigte verständlicherweise nur wenig Lust auf Öffentlichkeit. Doch mit dem neuen Album WE TOO ARE ONE melden sich die Eurythmics stark wie eh und je zurück. Vor dem Start ihrer Welttournee trafen sie Gitti Gülden und Manfred Gillig zum ausführlichen ME/Sounds-Interview.

ME/SOUNDS: In den vergangenen zwei Jahren herrschte Ruhe um die Eurythmics. Man konnte den Eindruck gewinnen, das war’s nun endgültig. Aber jetzt kommt doch wieder ein Album, und ihr geht sogar auf Tournee. Wie kommt’s?

LENNOX: „Wir brauchten einfach eine Atempause. Außerdem gewöhnen sich die Leute sonst zu sehr an einen Künstler, und das könnte das kreative Ende bedeuten. Wir wurden zu zuverlässig; in sieben Jahren haben wir acht Platten veröffentlicht. Da kann es leicht geschehen, daß die Reaktion auf ein neues Album einfach ein Schulterzucken ist – ach, noch ’ne Neue von den Eurythmics. Und so wenig ist unsere Arbeit sicher nicht wert. Wenn ich aber von einem Künstler eine Weile nichts gehört habe, bin ich viel gespannter.“

ME/SOUNDS: Euer neues Album klingt fast wie eine Live-Aufhahme und erinnert an die besten Eurythmics-Zeiten. Fiel es euch nach der langen Pause denn nicht schwer, wieder zusammen zu arbeiten?

LENNOX: Ja und nein. Die Texte sind diesmal sehr anspruchsvoll. Manches haben wir bestimmt schon früher ein Dutzend mal gesagt. Aber die großen Dichter beschäftigen sich ja auch oft mit einem Thema, das sich dann wie ein roter Faden durch ihr Gesamtwerk zieht. Ich fürchte nur oft, daß uns irgendwann die Ideen ausgehen.“

STEWART: „Wir gingen ganz traditionell ins Studio; die Band spielte live, und Annie sang dazu – alles wie im Konzert. Dieses neue Album klingt deshalb viel eher wie die Platte einer homogenen Gruppe.“

ME/SOUNDS: Wo und mit wem habt ihr das gute Stück denn aufgenommen?

STEWART: „Annie und ich hatten die Songs bereits geschrieben, was normalerweise nicht der Fall ist. Wir probten dann die Demos in New York. Dafür flogen wir Charlie Wilson von der Gap Band als Backgroundsänger ein und holten Steve Winwood für die Keyboards. Danach flogen wir nach Frankreich, um so viel wie möglich so schnell wie möglich aufzunehmen. Wir brauchten nur zwölf Tage. Mit den Bändern gingen wir dann runter nach Cannes, wo Annie und ich noch mit einigen Vokal-Ideen experimentierten.“

LENNOX: „Als wir neulich Besuch hatten, hörten wir das ganze Album zusammen an. Ich hatte richtiges Herzklopfen, war total aufgeregt und bekam sogar Gänsehaut – alles wie beim ersten Mal. Und das ist doch wahrlich gar nicht so schlecht, nach all den vielen Jahren, oder?“

ME/SOUNDS: War die Arbeit am neuen Album schwer?

LENNOX: „Schwer wie immer. Für mich wird jede neue Platte schwieriger. Dave drängt immer, los, laß uns was machen. Und ich zögere, will noch nicht. Aber du kannst eben kein gutes Eisen ohne Feuer schmieden.“

ME/SOUNDS: Könnte es sein, daß sich Dave von seiner exponierten Rolle im Vordergrund zurückzieht, um mehr in der Gruppe aufzugehen?

STEWART: „Ja. Deshalb haben wir auch zum erstenmal mit einem Produzenten zusammengearbeitet. So konnte ich mich beispielsweise ganz auf mein Gitarrensolo in ,Angel‘ konzentrieren, weil Jimmy Iovine noch da war. Auf jeden Fall haben wir jetzt einen homogeneren Sound. Außerdem ist Annies Stimme gereift. Und sie ist jetzt viel zuverlässiger. Früher tauchte sie manchmal zu spät im Studio auf, manchmal überhaupt nicht. Manchmal spielte sie ein bißchen verrückt, manchmal war sie einfach brillant. Diesmal war sie viel selbstsicherer, sie konnte an einem Song beharrlich arbeiten und ihn schließlich immer besser hinkriegen.“

ME/SOUNDS: Annie hat früher oft von ihren ausgeprägten Selbstzweifeln erzählt. Motivieren diese Zweifel nicht auch dazu, weiterzumachen?

LENNOX: „Es gibt immer Zweifel; nur echte Genies kennen keine. Ohne Selbstkritik besteht die Gefahr, daß man schlampig und damit zweitklassig wird. Die Zweifel rühren ja daher, daß ich gerne hervorragend sein möchte. Ich kann aber immer nur hoffen, daß die Leute mögen, was ich mache.“

ME/SOUNDS: In Paris sagtest du einige Interviews ab. Hast du denn noch immer ftobleme mit der Stimme?

LENNOX: „Ja, ich denke schon (lacht). Aber ich gebe auch viele Interviews. Jetzt zum Beispiel.“

STEWART: „Sie sagte, ,ich habe keine Stimme mehr, ich werde bis zur Tour nicht mehr reden‘. Zur Hälfte ist das ein psychologisches Problem, zur Hälfte stimmt es einfach, daß Sängerinnen ihre Stimme sehr beanspruchen. Aber immer wenn eine Tour bevorsteht, verliert Annie ihre Stimme.“

ME/SOUNDS: Euer Studio in London heißt The Church; einen Song auf dem neuen Album nennt ihr „Angel“, ein anderer trägt den Titel „Revival“. Ist das ein Zufall, oder trifft es zu, daß ihr immer religiöser werdet?

LENNOX: „Ich weiß es nicht. Ich habe darüber nachgedacht, ob es heute überhaupt noch Engel gibt. Jeder weiß anscheinend, was ein Engel ist, aber sie scheinen trotzdem für uns nicht mehr zu existieren – höchstens als Figur in der Kirche. Aber wir haben heutzutage keine solchen Schutzsymbole mehr, die den Kontakt des Menschen zur Schöpfung gewährleisten. Wir sind von jeder Art Mystik abgeschnitten, weil alles so nüchtern, materiell und technologisch geworden ist. Abstrakte Wesen haben in diesem System nichts mehr zu suchen. Ich benutze den Begriff Engel indes eher ironisch, denn es gab nie einen Engel für mich – noch nicht einmal dann, als ich mich nach einem sehnte.“

STEWART:“lch würde es nicht religiös nennen, was wir machen, sondern eher spirituell. Wir benutzen so viele spirituelle Bezugspunkte, weil wir glauben, daß genau das heutzutage fehlt. Ich sage nicht, Religion sollte die Vernunft ersetzen, aber ich plädiere für ein natürliches spirituelles Feeling. Um dieses Thema dreht sich auch der Song ,Revival‘. Die großen Firmen und Konzerne wenden sehr clevere emotionelle Taktiken an, um den Leuten einen Lifestyle zu verkaufen, den sie eigentlich gar nicht brauchen. So interessieren sich die Menschen eher dafür, Attribute dieses Lifestyles zu kaufen, als mehr über sich selbst herauszufinden. Aber das Traurigste ist, daß sie dann, wenn sie alles haben, erst merken, daß sie im Grunde außer wenlosen Dingen gar nichts besitzen. Dieses Thema zieht sieh durch alle Songs der Eurythmics, von SWEET DREAMS bis heute, aber jetzt kommen wir klarer zur Sache.“

ME/SOUNDS: Wie kam es zum gemeinsamen Projekt mit Al Green? Es heißt, die Aufnahmen von seiner und von Annies Stimme seien völlig getrennt voneinander entstanden. Ist das nicht eine ziemlich desillusionierende Arbeitsweise?

LENNOX: „Nicht die Bohne. Es zeigt die Wunder der modernen Technologie auf. Ich war in London und konnte nicht fliegen, weil ich hochschwanger war. Dave hielt sich in Los Angeles auf, AI war in Memphis. Ich sang zuerst und schickte Dave das Band. Der flog damit nach Memphis und bat Green, ,nun singen Sie dazu, was immer Sie wollen‘. Und AI hat nur gesagt: ,Sie ist das Eis, und ich bin das Feuer‘ Dave hat das phantastisch hingekriegt.“

ME/SOUNDS: Zehn Jahre Eurythmics sind auch an Dave nicht spurlos vorübergegangen. Deine einst langen Haare sind jetzt gestutzt. Und seit wann trägst du ein Kreuz auf deiner Brust?

STEWART: „Seit drei Jahren ungefähr. Zwischen 25 und 35 macht man viele Veränderungen durch. Das ist zwar kein Reifungsprozeß, denn ich fühle mich immer noch in vielen Dingen ziemlich enthusiastisch und fanatisch. Aber ich habe in den vergangenen zehn Jahren so viele verrückte Sachen erlebt, daß ich jetzt eher eine Berufung in mir fühle als früher. Wir machten früher alles, solange es nur das Gegenteil der Tradition war. Love-Songs haben wir grundsätzlich gegen den Strich gebürstet, bittersüß sozusagen. So wollten wir sein, und wir wußten, das war auch das richtige für uns. Aber wir wußten nie so genau, warum eigentlich. Das erreichte seine extremste Form auf SAVAGE, wenn Annie ,I Like To Listen To Beethoven‘ sang und eine Hausfrau spielte, die total ausflippt. Sie hat alles, was sie braucht in ihrem perfekten Suburbia, aber sie langweilt sich so sehr und ist so entfremdet, daß sie anfängt zu halluzinieren. Es war ein extremes Statement, und die Musik war seltsam – alles wirkte wie ein schizophrener Alptraum.“

ME/SOUNDS: Warum?

STEWART: „Das lag daran, daß wir unbedingt ein Statement über die Entfremdung der Leute abgeben wollten. Hast du beispielsweise bemerkt, wie sich die amerikanischen TV-Serien entwickelten? Als die vor 15 Jahren zum erstenmal nach Europa kamen, lachte jeder nur darüber, weil das alles so kitschig war und ganz und gar nicht wirklich. Aber heutzutage wimmelt es von Familienserien und Spielshows, und keiner lacht mehr darüber.“

ME/SOUNDS: Die Leute haben sich inzwischen daran gewöhnt…

STEWART: „Sie sind darauf konditioniert, das alles für normal zu halten. Wir finden, es ist ein massiver Trick, um vom echten Spirit abzulenken. Darum geht es beispielsweise auch im Song ,King And Queen Of America‘. Er ist der König von Nichts und sie die Königin der Wut – ein typisches amerikanisches Paar, dem man diese Einstellung angedreht hat, ,wenn ihr nicht erfolgreich seid, wenn ihr nicht dieses Auto habt oder jene Kleidung tragt, dann seid ihr Versager‘. Dieser ganze Lifestyle-Mist wird ihnen in den Rachen gestopft, und sie glauben auch noch dran wie an die Frohe Botschaft. Aber wenn sie dann erst einmal 65 Jahre alt sind, stellen sie fest, wir haben die ganze Zeit geackert und nichts Echtes dafür bekommen, nicht einmal eine richtige Gesundheitsvorsorge. Verstehst du, was ich meine? Wir schrieben den Song für alle, die eines Tages mit leeren Händen dastehen, obwohl man ihnen immer wieder versprach, sie wären Könige, wenigstens für einen Tag.“

ME/SOUNDS: Glaubt ihr, daß ein Song die Menschen trösten kann?

LENNOX: „Das gibt es jedenfalls, dieses Gefühl, daß da jemand ist, der das gleiche Hochgefühl oder den gleichen Haß auch schon mitgemacht hat und jetzt darüber singt. Alle klassischen Songs drücken auch deine eigene Stimmung als Hörer exakt aus. Es hat keinen Sinn, einen Song zu schreiben, mit dem sich niemand identifizieren kann. Songs sind schließlich nicht dazu da, daß sie sich jemand an die Wand nagelt. Ich jedenfalls schreibe meine Songs für die Menschen.“

ME/SOUNDS: Fällt es dir dabei leicht, dich einfach auszudrücken ?

LENNOX: „Ich wünschte, ich könnte sagen, es ist einfach, aber leider ist es das nicht. Meistens finde ich meine ersten Entwürfe zu dünn, und dann suche ich nach der einen Zeile, die genug Kraft hat, um einen ganzen Song zu tragen. Das Gefühl dafür entwickelt sich im Lauf der Jahre.“

ME/SOUNDS:Seid ihr eigentlich Zyniker,du und Dave?

STEWART: „In unseren Songs gibt es immer einen Hoffnungsschimmer. Wenn hingegen David Byrne was schreibt, dann sagt er einfach, so und so ist es, enthält sich aber jeden Kommentars. Er gibt zwar trockene Statements, aber er sagt nie, wo er selbst eigentlich steht. Du weißt nie so genau, was er mag und was nicht.“

ME/SOUNDS: Er überläßt es eben den Leuten, sich eine eigene Meinung zu bilden. Bezieht ihr immer eine klare Position?

LENNOX: „Die Eurythmics haben nie Lösungen

oder praktische Vorschläge, wie man etwas machen sollte. Wir beschreiben eher die Dinge, wie sie sind, und benutzen dazu das ganze Gefühlsspektrum, das wir kennen. Wir schreiben weder Balladen noch Lebensgeschichten. Es ist vielleicht so etwas wie Blues.“

STEWART: „Bis zu einem gewissen Grad beziehen wir schon Stellung. Denn wir sagen in unseren Videos und in unserer Musik, wie wir die Dinge sehen. Aber wir halten keine Vorlesungen und schreiben keine Pamphlete gegen Sauren Regen oder Umweltzerstörung. Das sind zwar wichtige Themen, aber das eigentliche Problem liegt in den Leuten selber, weil sie alles mit sich machen lassen. Deshalb gebe ich lieber Kommentare über die Menschen, die immer mehr die Beziehung zu sich selbst und den Kontakt mit Freunden verlieren und sich immer mehr in diese Lifestyle-Geschichten verstricken. Uns ging’s sicher genauso, deshalb schreiben wir ja darüber. Frag doch bloß mal jemand, wann er zuletzt gemütlich mit Freunden zusammensaß und entspannt über sich selbst geredet hat. Wann hast du zuletzt einen ganzen Tag mit deiner Freundin oder Frau verbracht? Solche Gelegenheiten werden heutzutage immer seltener, weil jeder dauernd beschäftigt ist und nur hektisch herumwuselt.“

ME/SOUNDS: Wann hast du zuletzt einen solchen Tag verbracht?

STEWART: (lacht) „Gestern, bis nachmittags um fünf, als die ersten Promotion-Termine auf dem Terminkalender standen. Aber ich will mich gar nicht als leuchtendes Beispiel hinstellen. Ich frage mich selber, wann ich zum letztenmal einen solchen Tag hatte. Denn alles beschleunigt sich heutzutage, alles wird immer schneller und schneller. In den Punk-Tagen hatte ich gar nicht so viel dagegen, denn ich war sowieso buchstäblich dauernd auf Speed; das fand ich noch irgendwie anarchistisch. Aber heutzutage hat das mit Anarchie nix zu tun – so von wegen laß uns schnell mal bei McDonald’s einen reinschmeißen. Laß uns schnell mal die neueste Platte von Ric Astley kaufen, selbst wenn wir ihn gar nicht mögen.

Jeder macht wie betrunken dieses Rennen mit. Das erschreckt mich.“

ME/SOUNDS: Nun frage ich mich aber doch, wie du mit all deinen Verpflichtungen über die Runden kommst. Du hast Familie jettest aber munter zwischen LA. und Paris hin und her. Du produzierst Grebenshikow und andere Kollegen und arbeitest an vielen anderen Projekten mit – aber dennoch wirkst du relativ entspannt und philosophierst sogar über die wachsende Hektik in der Welt. Wie schaffst du das?

STEWART: „Und ich habe sogar noch mein eigenes Label, mit dem ich junge Bands bei der Produktion ihrer Platten und Videos unterstütze. Aber ich weiß, ehrlich gesagt, auch nicht, wie ich das alles schaffe. Ich glaube, es hat was damit zu tun, daß ich mich immer nur auf eine Sache hundertprozentig konzentriere; lieber arbeite ich zwei Stunden lang ganz intensiv, als mich drei Tage lang einer Arbeit mit nur einem Viertel meiner Aufmerksamkeit zu widmen. Und wenn ich eine Pause mache, dann genieße ich sie auch.“

ME/SOUNDS. Was treibst du dann? Gehst du schwimmen, oder segelst du mit deiner neuen Yacht an der Küste der Cote a’Azur entlang?

STEWART: „Ich schwimme gerne und hebe die Natur und Tiere. Aber danach kehre ich immer gern in die Stadt zurück. Ich mag Extreme. Das Leben in den Vororten, in Suburbia, hat mich immer sehr eingeschüchtert; die Ränder zwischen verschiedenen Welten verunsichern mich. Als ich sechs oder sieben Jahre alt war, mußte ich am Sonntagnachmittag immer meine Tante besuchen. Die Kinder wurden dann hübsch angezogen, man trank Tee, knabberte Biskuits, und für mich war das jedesmal ein Alptraum, ein Horror: ein grauer verregneter Sonntagnachmittag-Himmel, stillsitzen bei der Teestunde und dazu im Radio eine seltsam quietschige Stimme. Ich saß immer da und dachte nur, irgendwas stimmt hier nicht, und ich wußte schon sehr früh, daß ich dieser Falle entkommen wollte. Dann doch lieber mitten drin in der City. Mir ging es seitdem stets darum, entweder total auszuflippen oder aber völlige Ruhe zu haben, ich will nichts Lauwarmes dazwischen.“

ME/SOUNDS: Was haltet ihr eigentlich vom Starrummel?

LENNOX: „Ich fand es immer sehr seltsam, ein Star zu sein. Die Begeisterung in den Konzerten habe ich von Anfang an geliebt, das fand ich toll. Aber ich brauche kein sogenanntes Starleben, ich bin im Grunde eine sehr ruhige Person. Manche Kollegen können ja ihre Wohnung nicht verlassen, ohne daß eine riesige Limousine vor der Tür steht, die sie abholt. Ich hingegen will ganz normal einkaufen können, will, daß mich die Leute in Ruhe lassen, auch wenn sie mich erkennen.“

ME/SOUNDS: Lebst du deswegen so gerne in Paris?

LENNOX: „Vielleicht. Und sicher auch weil mein Französisch so lausig ist, daß ich kaum jemand verstehe. Das ist gut für mich, weil ich noch immer ziemlich romantische Vorstellungen von Paris habe. In Paris kann ich mich noch verzaubern lassen, und manchmal fühle ich mich wie früher, als ich mich noch über sehr viele Dinge wundern konnte.“

ME/SOUNDS: Nach SAVAGE sah es so aus, als wären die Eurythmics am Ende. Habt ihr jemals ernsthaft beabsichtigt, aufzuhören?

STE WART: Jedes Jahr stellen wir uns von neuem die Frage, ob wir nicht aufhören sollen. Aber inzwischen haben wir eingesehen, daß wir zusammengehören, ob wir das mögen oder nicht. Als Paar haben wir uns ja schon vor langer Zeit getrennt, bevor wir die Eurythmics gründeten. Das heißt aber auch trotz der Entwicklung der letzten Jahre, daß wir die größte Auseinandersetzung zwischen zwei Menschen bereits hinter uns haben. Deshalb nennen wir das neue Album auch WE TOO ARE ONE. Denn wenn’s drauf ankommt, haben wir beide die gleiche musikalische Vision.“

ME/SOUNDS: Wird die auch für die nächsten zehn Jahre tragen?

STEWART: „Ich sehe jedenfalls keinen Grund, warum wir nicht weiterhin Platten machen sollten. Ich träume aber noch immer von einem Album, auf dem ich nur akustische Gitarre spiele. Dazu gibt’s ein großes Orchester, und Annie singt-mehr nicht. Ein bißchen stelle ich mir das vor wie ,Private lnvestigations‘ von Dire Straits-keine Drums, nur akustische Gitarren und Annies Stimme …“