FGTH


ZANG TUUM TUMB: Frankie came to Hamburg! Tourneestart im ausverkauften CCH-Pleasuredome mit Arien-Pomp. Vergessen das schwergewichtige Dröhnen einer bedingt konzertreifen Vorfeldgruppe: The Promise hatte mit den Hoffnungen der bunt herausgeputzten 3000 im Saal so viel zu tun wie Tony Hadley mit Bryan Ferry. Allenthalben kleine Fluchten; die Medienmenschen klumpten eh wartend im Foyer.

Frenetisch wird das erste Nebelwölkchen begrüßt, das sich am Vorhang vorbeistiehlt. Bühne frei für asymetrische Klötze, coole Diaprojektionen, einen bombastischen Scheinwerferhimmel – und die fünf aus Liverpool (ob ein deutsches „Leberpfuhl“ je in die Popgeschichte hätte eingehen können?). Und da steht er, leibhaftig zum Anfassen: Holly Johnson, schwuler Ex-Verwaltungsangestellter mit blonder Bürste, weißer Commanderuniform und überdimensionalen Achseltroddeln. Anfassen? Brachial stürmen die Kids zum Bühnenrand.

„War“: absolutely convincing. Dies ist keine Phantomband. Unter der kompetenten Mithilfe zweier Söldner an Keyboards und Gitarren entfacht sie einen Mörder-Sound, der gelegentliche Tape-Einsätze an den Rand drängt. „Only Star In Heaven“: Holly rapt voller Hinterlist ein Giftzwerg, der Sympathien gewinnt, ohne offen um sie zu buhlen. „Power Of Love“: Bethlehem-Dias und Weihnachtslied-Atmosphäre. Eine Hyper-Schnulze, im Lichterschein von tausend Feuerzeugen zum Singalong abgespeckt. Nur dem Chorgesang aus dem Parkett fehlt’s an Musikalität.

Eintänzer Paul Rutherford hat die Rolle des wilden Mannes übernommen: Macho-Posen, schwarze Hosenträger und rabiate Gesten, wenn er mal wieder nix zu singen hat. Der bedrohliche Lichterkranz formt sich zur Kuppel. Dschungel-Stimmen in der nebligen Hitze: Mark O’Tooles Baß-Groove geleitet in den Pleasuredome, wo der kleine Holly mit seiner versetzten Pilotenkappe eine lichttechnische Supernova übersteht. Seine Augen sprechen Bände, seine Stimme setzt sich durch: HU HA HUHU HA!

„This is an old song“: Mit „Get It On“ (remember T. Rex?) bringen Frankie ihr Logo am Bühnenhimmel zum Leuchten: Eine handfeste Rockband. Paul duscht unter einer Bierdose. It’s time for a little Verworfenheit. Holly widmet „Relax“ jedem „who ever had a fifty Deutschmark experience (I’m far more expensive!)“. Die Musik steht den diversen Mixes in nichts nach, endet mit Kanonenschlägen.

Ist Hamburg „sexually unaware“? Kaum ein Hanseat scheint zu ahnen, was „Krisco Kisses“ für Amerikas Schwulenszene bedeuten (statt Krisco tut’s auch Vaseline). „Two Tribes“: Kein Reagan, kein Tschernenko – aber Holly funzelt die Massen mit einem Suchscheinwerfer ab. Paul führt den Ring durch seine rechte Brustwarze vor. Manches Trommelfell droht zu platzen. Die Band tritt nach gut 60 Minuten ab.

Pfeifsturm und Lichtregen. Die lautstark verlangte Verlängerung: „Ferry Across The Mersey“! Man kann restliches Benzin abfackeln und die Wunderkerzen zücken. „Born To Run“ ist live bei Springsteen besser aufgehoben. Rausschmeißer? Ein „Relax“-Remix: Frankie say no more. Erwartungen erfüllt. Wartende Eltern entnervt. BILD-Schlagzeile: „WAAAHNSINNS-PREMIERE“. Fast ein MEGA-Ereignis (But how long are they going to remain hip?).