Fine Young Cannibals


Sie waren ausersehen als Pop-Könige der 90er. Hatten dann aber Wichtigeres zu tun.

Im Sommer 1989 spaltete ein Organ die Popgemeinde: Für die einen klang Roland Gifts charakteristisches Falsett, als würde er es irgendwie fertig bringen, durch die Nase zu jodeln, andere schätzten den Sänger der Fine Young Cannibals als eine der unverwechselbarsten SouJsrimmen der englischen Popmusik. Viel Freud‘ und Leid allerorten also, denn mit fünf Hits am Stück – „She Drives Me Crazy“ und „Good Thing“ schassen beiderseits des Atlantiks auf Nr. 1 -von ihrem AJbum „The Raw And The Cooked“ hatten die drei Birminghamer ihren ausgefeilten, catchy Soul-Rock/Pop für die nächsten Jahre auf massives Radio- und MTV-Airplay gebucht.

„The Raw And Tim Ceokad“ war erst das zweite Album der Wahl-Londoner (das Debüt mit dem Semi-Hit „Johnny Come Home“ war 1985 erschienen), obwohl es die Band ’89 schon sechs Jahre gab. 1982 hatten sich The English Beat aufgelöst eine der ersien Bands des britischen Ska-Revivals. Deren Gitarrist Andy Cox und Bassist David Steele taten sich mit Gift, vormals Saxophonist und Sänger bei den Ska-Punk-Bands Blue Kilchen und The Akrylykz, zusammen (zum Bandnamen inspirierte das US-Film-Melodram „All The Fine Young Cannibals“ – „Früchte einer Leidenschaft“ – von 1960). Alle drei brachten einen linkspolitischen Punk-Background mit der sich bisweilen in Songs manifestierte und den sie konsequent vertraten: Als sie 1990 die Brit Awards für .Bestes Album“ und „Beste Britische Band“ gewannen, lehnten sie die Preise ab. „Es erscheint uns falsch und unpassend, mit einer Veranstaltung in Verbindung gebracht zu rden, die letztlich nur einen Fototermin für Margaret Thatcher und die Conservative Party darstellt“, hieß es in einem Statement.

Die Band blieb unberechenbar: Plattenfirma und Fans gierten nach einem neuen Album der Hit-Granaten, aber die schienen Besseres zu tun zu haben. 1990 kam ein schales Remix-Album auf den Markt, während sich Gift, der schon in den 80em in den Filmen „Sammy und Rosie tun es“ und „Scandal“ gespielt hatte, der Theaterbühne zuwandte (er war auch in vier Folgen der „Highlander“-TV-Serie zu sehen). Cox und Steele arbeiteten als Session-Musiker und Produzenten (Cox mischte unter anderem auf R.E.M.S ’91er-Brummer „Out Of Time“ und ’95 auf AI Greens Comeback „Your Heart Is In Good Hands“ mit). 1996 gäbe es dann ein kurzes Cannibals-Aufflackem mit dem neuen Song „The Flame“ auf der Best Of „Finest“ – doch das einzige FYC-Lebenszeichen seither waren ein paar Solo-Konzerte (auch mit alten FYC-Hits) von Gift Ende der 90er. Eine offizielle Bandauflösung gab es nie, und bei den langen Zeiträumen zwischen neuen FYC-Veröffentlichungen scheint es angebracht, hinter das „Weg vom Fenster!“ diesmal ein kleines Fragezeichen zu setzen. Aber nur ein gaaanz kleines.