Flea: „Das ist göttliche Fügung!


Als Ftea die Garderobe des Verizon Amphitheaters nahe Los Angeles betritt, reicht sein Lächeln von einem Ohr zum anderen. Schließlich hat er soeben im Zugabenteil der Chili Peppers eine kleine, aber feine Jam-Session mit seiner 14jährigen Tochter Clara hingelegt, mit seinem persönlichen Lieblingsstück, Miles Davis‚ „Nature Boy“, das die beiden vor 20.000 johlenden Fans improvisierten. Flea an seinem heimlichen Lieblingsinstrument, der Trompete, der blondgelockte Nachwuchs am Schlagzeug.“.Meine Kleine ist eine richtig tolle Schlagzeugerin!“, strahlt er und lümmelt sich mit dem obligatorischen Becher grünen Tee auf ein Sofa. Klein, mit drahtigem Oberkörper und unergründlichen, aufgeweckten Augen, die sein Gegenüber genau fixieren, strahlt der 41-jährige noch immer eine unglaubliche Jugendlichkeit aus. Im Interview ist der passionierte Jazzer der bemühteste und eloquenteste dervier Peppers: Er nimmt sich für jede Antwort Zeit, ist mal extrem tiefgründig und philosophisch, nur um im nächsten Moment wieder schenkelopfend Nonsens abzusondern.

Du greifst auch bei Chilis-Konzerten hin und wieder zur Trompete. Bist du eigentlich klassisch geschulter Musiker?

Nicht wirklich. Aber ich habe eine Menge klassischer Musik gemacht, und in diesem Sinne hatte ich eine klassische Ausbildung. Als ich mich dann für den Bass entschied, habe ich das alles über Bord geworfen. Bis zum heutigen Tag kann ich auch noch keine Noten für den Bass lesen. Für Trompete kann ich selbst die kompliziertesten Sachen lesen.

Ist das Notenlesen etwas für die Zukunft?

unbedingt. Und um ehrlich zu sein, arbeite ich auch gerade daran. Ich lerne Standbass und spiele vor allem Jazz.

Wie kommt es, dass ihr momentan auf einem solchen Hoch seid?

Das ist schon komisch. Klar, die naheliegende Antwort ist, dass wir immer noch etwas zu sagen haben, dass wir hart arbeiten und momentan sehr gut miteinander klarkommen. Das ermöglicht es uns, auf einem hohen Level zu kommunizieren. Aber warum wir immer noch zusammen sind, und ich nicht längst etwas anderes mache? Das ist göttliche Fügung.

Wie habt ihr euer Bandjubiläum gefeiert?

Leider gar nicht. Wir konnten uns einfach nicht mehr an den genauen Tag erinnern, an dem wir zum ersten Mal geprobt haben. Mittlerweile weiß ich, dass es der 3- Februar war, aber da waren wir uns lange nicht sicher. Insofern haben wir gearbeitet wie immer. Wir waren irgendwo auf Tour.

Wie kommt es überhaupt, dass ihr nach anderthalb Jahren on tour immer noch so frisch und ausgeruht wirkt?

Wahrscheinlich liegt es daran, dass wir uns heute mehr Mühe geben, einen guten Job zu erledigen. Und es ist wirklich so, dass jede Show etwas Besonderes für uns ist. Vielleicht, weil es immer die letzte sein könnte, die wir zusammen spielen. Wer weif), vielleicht jagt George W. Bush ja bald die Welt in die Luft, und das war es dann.

Werdet ihr euch bei der nächsten Präsidentschaftswahl einbringen ? Wie ’92, als ihr euch für Rock The Vote engagiert habt?

Eher nicht. In der Band interessieren sich nur Anthony und ich für Politik. Ich schätze, John weiß nicht einmal, wer George Bush ist. Einfach, weil er keine Zeitung liest und sich auch sonst für kaum etwas anderes als seine Musik interessiert. Nicht, weil er ignorant wäre, aber er lebt schon in seiner eigenen kleinen Welt.

Obst, grüner Tee, viel Sport – seid ihr heute genauso extrem auf dem Gesundheitstrip wie in den 8oern auf Giften ?

[lacht! Ich brauche auf jeden Fall keinen Alkohol und keine Drogen mehr. Ich hatte davon genug, das reicht bis an mein Lebensende. Und ich fühle mich einfach viel besser, wenn ich mich gesund ernähre. Das steigert mein Bewusstsein und meine Kreativität. Dasselbe gilt für meine YogaÜbungen. Ich habe mit Kundalini angefangen und bin mittlerweile bei Astanga. Leider habe ich nie genug Zeit und bin deswegen auch nicht so konsequent.

Wenn du heute auf eure ersten vier Alben zurückblickst, hast du da nicht das Gefühl, das sei eine völlig andere Band?

Sie sind wirklich Lichtjahre entfernt. Aber sie sind mir nicht peinlich. Das einzige Album, mit dem ich nicht glücklich bin, ist das erste, weil es uns damals nicht gelungen ist, unsere Live-Energie im Studio festzuhalten. Wir hätten die Platte auf jeden Fall mit HiUellSlovak] und Jack llrons] machen müssen, aber das ging eben nicht. Mit der Folge, dass wir einfach nicht die Energie einfangen können, die wir zu der Zeit besaiten. Ich meine, hör dir nur die Demos auf den Re-Issues an: Die klingen viel besser. Deswegen hatte ich immer das Gefühl, wir hätten den ganzen Scheiß einfach neu aufnehmen sollen.

Wie läuft die Musikschule, die du vor ein paar Jahren gegründet hast?

Wirklich prima! Wir haben jetzt 300 Studenten, und es werden immer mehr.

Welche Voraussetzungen braucht man, um aufgenommen zu werden ?

Gar keine! Es ist völlig offen. Du musst auch keine großen musikalischen Vorkenntnisse mitbringen, sondern einfach nur etwas lernen wollen.