Franz Ferdinand – Franz Ferdinand


Man kann sie schon rufen hören, die Gralshüter des guten Geschmacks, die Bewahrer des Reinheitsgebots im Rock. „Alles nur geklaut“, werden sie stöhnen, vom Hype werden sie fabulieren, und davon, dass sich eine Band doch erst bewähren muss, und dann sehen wir weiter. In 40 Jahren. Dabei – bitte mit wasserfestem Filzstift hinter die Ohren schreiben – ist wirklich alles nur geklaut in der populären Musik, seitdem der erste Steinzeitmensch mit einem Ast auf einen hohlen Baumstamm getrommelt hat. Chuck Berry, Elvis Presley, The Beatles, Led Zeppelin, The Clash, The White Stripes – alles gemeine Diebe. Dabei kommt es doch nicht darauf an. ob man klaut, sondern darauf, wie man das Diebesgut anschließend unter die Leute bringt. Zum Beispiel mit der Energie, der Emphase der Jugend. Sich einen Dreck ums Gestern scheren, nicht daran denken, was morgen sein wird. Im Heute leben. Jetzt. Das ist Rock’n’Roll.

Wobei wir dann bei Franz Ferdinand wären. Die EP „Darts Of Pleasure“ und die Single „Take Me Out“ wurden als mittelschwere Sensationen gehandelt in einer Pop-Welt die voll ist von mittelschweren Sensationen. Und jetzt das Debütalbum franz Ferdinand, bei dem ein verdammter Hit den nächsten jagt, dessen konstruktive Energie dich wegbläst, das Sprachzentrum lahmlegt, so dass dir die Superlative ausgehen, um diese Musik zu beschreiben. Die wohnt irgendwo zwischen Glam-Rock und poppiger New Wave, zwischen Roxy Music und XTC. Sänger Alex Kapranos kann schon malwie lan Curtis klingen, während die Band dazu hektischen Talking-Heads-Pop klöppelt, die richtigen Breaks zum richtigen Zeitpunkt setzt, um dir die Nackenhärchen aufzustellen und immer wiederdiesen Schuss schäbige Disco nachlegt.

der in die Beine geht. Das ist Tanzmusik für die Garagenparty, das ist Disco-Pop-Punk-Glam-Wave-Rock, der die Düsternis von Televison mit der vordergründigen Verspieltheit der Pixies vereint.

Jedes Zweite Riff, jede zweite Hookline wirst du wie alte Bekannte begrünen. Aber leider hast du ihre Namen vergessen. Natürlich kann man dem Schotten, den zwei englischen. Engländern und dem einen bayerischen Engländer Ider für die netten deutschen Textpassagen und Songtitel wie „Auf Achse“ verantwortlich ist) vorwerfen, dass sie nicht in der Gosse wohnen, sondern es sich schön gemütlich machen im Artschool-Musikstudenten-Designer-Fuzzy-Umfeld. Aber erstens sind gebügelte Hemden die neuen zerrissenen T-Shirts und zweitens sind Menschen, die Graham Greene als ihren Lieblingsschriftsteller angeben, schon mal von Grund auf sympathisch.

„Ich heiße superfantastisch, ich trinke Schampus mit Lachsfisch“, erzählen Franz Ferdinand in „Darts Of Pleasure‘. Das ist falsch. Keinervon ihnen heißt superfantastisch, aber sie sind es, und sie haben das beste Debütalbum seit up the bracket von den Libertines aufgenommen. Aber; Kann man Lachsfisch eigentlich trinken?