Franz Ferdinand in der Kulturkirche, Köln


Feierabendgeklöppel? Die Franzen lassen beim Auftritt in prunkvollem Ambiente ungewohnt kalt.

Keine Frage: Die im Stadtteil Nippes gelegene neogotische Lutherkirche – besser bekannt als „Kulturkirche“ ist einer der schönsten Auftrittsone Kölns. Es ist einfach erhebender, erst durch ein schmiedeeisernes Hoftor und dann ein Kirchenportal zu schreiten, als sich durch den PVC-Eingangsbereich einer Mehrzweckhalle zu schieben. Auch bemühen sich die Verantwortlichen hier um eine freundliche Kundschaftsansprache, und so weht stets der Charme eines alternativ geführtenjugendzentrums durch den Raum. Allerdings sieht eine mit Rock-Instrumentarium vollgestellte Kirche zwangsläufig aus wie der Set eines 80s-Hair-Metal-Videos. Auch wenn die aufspielende Band Franz Ferdinand heißt und sich allen Spandex-Schwartigkeiten abgeneigt zeigt. Die Schotten spielen an diesem Abend ein Radiokonzert im kleinen Kreis – organisiert vom hiesigen Sender 1 Live. Das hat zur Folge, dass sich dem Besucher immer wieder Mikros und Fernsehkameras mit blendenden Headlights ins Gesicht schieben – doch kann man es den Rundfunkkollegen kaum vorwerfen, dass sie aus solch einer prestigeträchtigen Veranstaltung das Maximum herausholen wollen. Da das Konzert live übertragen wird, ist die Band auf die Sekunde pün ktl ich. Eröffnet wird der Abend von der partywilligen Unbedingtheitserklärung „Bite Hard“: „We ride together I We die together“, singt Alex Kapranos, der heute in enger Lederjacke dem Typus des Halbstarken huldigt. Nick McCarthy, der sich am Bühnenrand hinter seinen Keyboards krümmt, sieht eher aus wie ein adretter englischer Landjunker beim ersten Auslandsaufenthalt. Der Sound ist miserabel – bei einem Radiokonzert umso tückischer -, doch noch schreit alles nach Hedonismus auf Stelzen. Der weitere Verlauf des Abends legt jedoch ei n altes Problem offen: Franz Ferdinand lebten schon immer mehr von der Behauptung, Absicht und Attitüde-ihre hedonistischen Party-Postulate tatsächlich einzulösen, ist die stets etwas zu clevere Band oft nicht in der Lage. Heute aber sitzt irgendetwas völlig quer. Man kann es nicht anders sagen: Franz Ferdinand erwischen in der Kulturkirche einen denkbar schlechten Abend. Schon beim zweiten Song „Do You Want To“ – eigentlich ein verlässliches Stück Hüpfmusik – ist ihnen anzusehen, dass etwas nicht stimmt. Kapranos müht sich, die sichtliche Verspanntheit wegzulächeln, doch jede Pose, jede divenhafte Drehung wirkt, als habe er sie mit einem Choreografen-Team im Glam-Pop-Trainingscamp tagelang geübt. McCarthy ist wie immer der freundliche Anheizer, doch auch er findet nicht in den Abend. Eine seltsame Kälte liegt über der Veranstaltung, und wenn das FanPublikum jubelt, wirkt es wie das berühmte Pfeifen im Walde. Bei „Lucid Drcams“ wird es dann sogar ein wenig peinlich: Während das Stück auf dem Album nach und nach zur Elektro-Spiclerei wird, versammelt sich hier die gesamte Band um Paul Thomsons Schlagzeug, um darauf einzutrommeln. Soll mitreißend wirken, gemahnt aber eher an die Blue Man Group beim Feierabendgeklöppel. Danach gibt es – mit letzter Kraft – noch eine verrumpelte Version von „Darts Of Pleasure“. Für eine Zugabe kommt die Band nicht zurück. Kein Wunder. Und, ehrlich: Man ist ein bisschen froh drum.

Albumkritik ME 2/09

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