Fußball, Frauen und die Pedal-Zombies


Wer mit Mogwai über Fußball spricht, stößt auf erstaunliche Thesen. Was ist künstlerisch wertvoller: Die Ting Tings oder Porto gegen Schalke?

Mogwai lieben Fußball. Eigentlich schon immer, auf jeden Fall verfielen sie dem „beautiful game“ schon lange bevor sie 2006 den Soundtrack für die Kicker-Doku „Zidane: A 21st Century Portrait“ einspielten. Wann immer es geht, feuern sie „ihren“ Verein Celtic Glasgow an, die schottische (und erfolgreiche) Version des FC St. Pauli. „Aber es ist nicht mehr wie früher“, sagt Drummer Martin Bulloch, der Günter Netzer der Band. „Damals haben sich die Fans noch mehr engagiert, zum Beispiel gegen Rechts. Heute ist Celtic ein großes Produkt geworden, es hat sich viel verändert.“

Wie auch die Wahrnehmung von Fußball. Einst hätten sich Intellektuelle eher auspeitschen lassen, als sich als Fans zu outen; heute greift man, um Aussagen über das Leben zu treffen, zu Analogien mit dem Rasenspiel, wo Triumph und Niederlage, Können und Unvermögen oft nur einen Grashalm voneinander entfernt sind. Können Mogwai damit etwas anfangen? „Darüber müsste ich jetzt länger nachdenken“, sagt Gitarrist und Keyboarder Barry Bums und offeriert folgende These: „Manchmal ist eine Rose nur eine Rose, aber ich denke, Fußball spricht etwas Atavistisches an. Früher kämpften Stämme gegeneinander, heute Fußballvereine. Damals freute man sich, wenn man ein großes Tier erlegt hatte, heute, wenn man ein Spiel gewinnt.“ Sind Fußballer nicht ebenso Künstler wie Musiker? Zidane, Cristiano Ronaldo und vor allem Maradona, der Gott ist, sind Künstler in der Art, wie sie etwas kontrollieren können“, sagt Martin. „Aber ich würde eine Mozart-Arie nicht mit Porto gegen Schalke vergleichen.“Lachend kontert Barry: „Aber du könntest die Ting Tings mit Porto gegen Schalke vergleichen!“

Ihr neues Album the hawk is howling war für Mogwai kein leichtes Spiel. Zehn Songs waren fertig, als sie fast alles wieder wegschmissen. „Es gab Probleme mit den Technikern und dem Studio. Nur das Stück ,The Sun Smells Too Loud‘ haben wir behalten“, sagt Barry. „Wir hatten eine genaue Vorstellung, wie die Platte sein sollte. Es reichte einfach nicht.“ Dafür stellt dieses „The Sun Smells Too Loud“ einen der fröhlichsten Mogwai-Songs ever dar; das Ganze deshalb als ,gut gelaunt“ zu bezeichnen, ginge aber zu weit. „Der Song mag so was wie einen hellen Schatten auf das Album werfen „, sagt Barry. „Der Rest ist nicht sehr fröhlich.“ Etviss aber hat sich verändert: Es kommen immer mehr Frauen zu Mogwai-Gigs. „Das ist besser, als nur die Pedal-Zombies in der ersten Reihe zu haben, die einem auf die Effektgeräte starren“, sagt Martin und grinst. „Vielleicht machen wir nicht mehr solche Jungs-Musik wie früher. Nur kommen irgendwie keine Mädels, die mit der Band backstage abhängen wollen. Wir sind ja auch hässliche Bastarde…“ Nun: Hier liegt die Wahrheit wohl auf dem Platz.

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