Gisli


Warum denkt der isländische Beck nur so verdammt viel nach?

Vielleicht, weil nichts in seinem Leben so wie bei den anderen war. Sein Vater – den unbestritten Mitschuld daran trifft, dass Gisli einen Namen hat, der „Geisel“ heißt-war selten da, denn er musste Fische fangen. Kam er aber heim, hatte er fantastische Platten aus Hamburg mit dabei. „Ein Abenteuer“ war die Plattensammlung von Gislis Eltern überhaupt, die ihn im Alter von sechs Jahren schon in Atem hielt: The Beatles, 6os-Gitarren-Pop. Hippie-Rock und Iron Maiden gab es zu entdecken, später auch Duran Duran und David Bowie. „All das hört man wohl auf meinem Album auch“, sagt der junge, reichlich neurotische Mann, der nach einigen trostlosen Jahren in Norwegen -joblos, fraulos, freudlos – nun in London lebt. „Es war seltsam, als nach all der jämmerlichen Zeit plötzlich vier oder fünf der größten Plattenfirmen nach Norwegen kamen, um mich zum Abendessen einzuladen“, stellt er fest. Dabei hatte er in seinen Augen nichts Großes vollbracht: ein paar Songs vielleicht, die lustig klangen. Die recht versponnen waren, wie die der Beta Band; die an Eels erinnerten, an Dinosaur Jr. noch und auch an Beck: MELLOW GOLD, odelay, SEA CHANGE – ein bisschen was von jedem dieser Alben floss in sein Debüt mit ein. „Es ist schon beängstigend. Alles läuft jetzt ganz hervorragend“, muss er sich eingestehen, nachdem auch die kritischen Kritiker in seiner neuen Wahlheimat Großbritannien die erste Single priesen. Und doch – ganz glücklich ist er nicht. „Ich würde sagen, ich bin wirklich gut darin, Kleinigkeiten zu riesigen Problemen aufzublasen“, meint er trocken. „Ich denke verdammt viel nach. Zu viel. In dieser Hinsicht bin ich ein Mädchen.“