Golden Summernight


Loreley, St. Goarshausen

Immer mich trifft es“, schien die Geste zu sagen, mit der Sunrise Concerts-Boß Werner Kuhls seinen Blick zum wolkenverhangenen Himmel unterstrich. Tatsächlich stand auch seine 7. Goldene Sommernacht unter keinem günstigen Stern.

Kosteten ihn bei den Police-Open airs im vergangenen Jahr Manöver der US-Streitkämpfe potentielle Festivalgänger, so sorgten diesmal Regen, empfindliche Kühle und mitunter stürmischer Wind für ein sicherlich beträchtliches Defizit.

Geschätzte 7000 Besucher verloren sich so nur in Deutschlands idyllischster Open air-Arena, die diesmal mehr zum Schlamm- denn zum Sonnenbad einlud. Und dabei hätte gerade dieses Festivalprogramm (zumal im direkten Vergleich mit dem letzten Rockpalast an gleicher Stelle) mehr Besucher verdient gehabt.

Twelve Drummers Drumming, als Opener angekündigt, mußten wegen Krankheit (gute Besserung, Rudi) absagen. Lake als kurzfristig angeheuerter Ersatz fielen allerdings dem verspäteten Aufbau zum Opfer. So kam die erste Musik von den gnadenlos auf Underdog (schwarzes Outfit, zerfetzte Jeans) gestylten Sisters Of Mercy. Nachtmusik am Nachmittag präsentierten die Dunkelmänner ohne Drummer. Hypercool sollte ihre Version von „Gimme Shelter“ klingen: Hot Chocolates „Emma“ ging glatt als Lou Reed-Klassiker durch. Fazit: Zum Prinzip erhobene Emotionslosigkeit.

Ganz anderer Natur ist da Mike Scotts Beitrag. The Waterboys, Bandprojekt des schottischen Poeten, wächst immer besser zusammen, wird von Gig zu Gig homogener. Scott frönt als charismatischer Frontmann seinen Idolen Bob Dylan („A Hard Rains Gonna Fall“) und Patti Smith („Dancing Barefoot“), deren Einflüsse er in seinen eigenen Kompositionen („A Girl Called Johnny“, „Pagan Place“) geschickt verknüpft. Anthony Thistlethwaite spielt dazu ein scharfes Saxophon.

Überraschend gut kam Blancmanges Synthi-Pop von der Rampe. Unterstützt von einem Gitarrristen, zwei schwarzen Sängerinnen und einem Tabla-Spieler kam zumindest in der ersten halben Stunde keine Langeweile auf. „Blind Vision“ und „Don’t Teil Me“ wurden kraftvoll interpretiert. Für ihren Ausflug in den Kitsch des Abba-Landes bekamen sie prompt eine schallende Ohrfeige in Form von schrillen Pfiffen.

Den Wallisern von The Alarm gehört die Gunst der Stunde. Wie U2 im Vorjahr nutzen auch diese sympathischen Burschen aus der Provinz den Rockpalast-Auftritt. um sich dem deutschen Publikum nachdrücklich vorzustellen.

Auch sie haben ihre Lektion Dylan gelernt,sympathisieren mit The Clash und fühlen eine Geistesverwandtschaft mit den bereits erwähnten Iren. Ihre positive Ausstrahlung zu mit akustischen Gitarren interpretierten, beinharten Klängen trifft den Nerv des jungen Publikums.

Echte, einem Festival angemessene Stimmung kam allerdings erst bei Gitarren-Alt-Meister Rory Gallagher auf. Mit seiner Band und Ex-Nine Below Zero-Mark Feltham (Mundharmonika) als Gast, entfachte er ein Rock n‘ Roll- und Blues-Feuerwerk, das es dem frierenden Publikum richtig warm ums Herz wurde.

Rory hat live nichts an Ausstrahlung und Wirkung verloren; aber gerade bei ihm braucht man die physische Präsens. Songs wie „Double Vision“ und „Big Guns“ erinnern daran, daß Gallaghers letzte LP-Veröffentlichung mehr als zwei Jahre zurückliegt.

Mit neuem Doppelalbum und neuem Partner (EMI) meldete sich Frank Zappa zurück. In gewohnter Pose als superlässiger, aber auch autoritärer Dirigent seines „Orchesters“ (u.a. mit Ray White und Ike Willis plus jungen Talenten), aber auch freundlichen Gesten auf Publikumsreaktionen, stellte er von seinem neuen Werk nur drei Ausschnitte („Truck Driver Divorce“, „Sharleena“, „Whippin‘ Post“) vor und schöpfte ansonsten aus seinem schier unerschöpflichen Fundus. So konnte u.a. „Chunga’s Revenge“, „City Of Tiny Lights“, „Joes Garage“ und „Camarillo Brillo“ beklatscht werden, allesamt in der Zappa-bewährten Manier in Szene gesetzt.