Graham Coxon


Ein Rocker. Ein leicht schelmischer, nerdig-schlaksiger, Hornbrille und Ringelpulli tragender. Aber ein Rocker. Meine Herren!

Ooooh! Der Graham! Manch einer ließ sich ja schon im Vorfeld zu Begeisterungsrufen hinreißen. Ist ja auch schon, wenn äußerst begabte junge Menschen wieder auf den Pfad der Tugend finden und auch nach ihrer Bandkarriere noch tolle Alben machen. Das weiß nur anscheinend wieder keiner, wurde wohl nicht laut genug ausgerufen, die Begeisterung. Und so hält sich heute nicht nur die Anzahl der Lookalikes sehr in Grenzen. Man stelle sich vor, andere „Ex-Gitarristen“ würden hier spielen. Pete Doherty etwa. Ähem. Andererseits: Wieviel Leute kämen zu einem Konzert von Bernard Butler oder Russell Senior? Für diese und ähnliche Fragen bleibt Zeit, weil die Features als Vorband einen hoffnungslosen Kampf bestreiten. Vor allem mit einem miesen Sound, der uns eine Gitarrenrock-Band beschert, bei der so gut wie keine Gitarre zu hören ist. Sänger Matthew Pelham hingegen steht leicht neben sich und seinem Mikrophon und versaut so die zwei Hits „That’s The Way It’s Meant To Be“ und „There’s A Million Ways To Sing The Blues“. Dafür entschädigt Drummer Rollum Haas, der so spektakulär an seinem Instrument fuhrwerkt, dass Unterkiefer nach unten klappen. Genauso wie dann: Ooooh! Der Graham! Jetzt schleicht der einfach so auf die Bühne. Die Mädchen in der ersten Reihe zücken die Digi-Cam, einige etwas zartfühlendere und weniger vom Hornbrillen-Sex-Appeal schier erschlagene Gemüter bewegen sich aber recht schnell gen hinteres Ende der Halle. Denn – Ooooh! Der Graham! – ist ein sehr lauter Rocker. Mal Thurston Moore („Ain’t No Lie“), mal Syd Barrett („Big Bird“), gerne auch Punker („Freakin‘ Out“). „Girl Done Gone“ hingegen wird zum Blues-Rock-Inferno, die Hits („Bittersweet Bundle Of Misery“) bleiben Hits, die Brit-Popper („Don’t Be A Stranger“] begräbt er jedoch vorsichtshalber ebenfalls unter fetten, röhrenden Gitarren. Den nachdenklichen bis depressiven Graham von einst übrigens auch. Kleine Scherze mit Band und Publikum macht er, in einem fort. Und reagiert gelassen auf Zwischenrufer mit Blur-Wünschen. („Coffee & TV!“ – „Now that’s an old one.“) Coxon hat viel gelernt in den Jahren (Spielfreude! Gelassenheit! Drogenentzug; statt Alkohol gibt es dosenweise fiesen Red Bull), und das müssen ihm andere erst mal nachmachen. Übrigens: Bernard Butler stieg 1994 bei Suede aus. Russell Senior 1997 bei Pulp. Und hat man von denen danach Nennenswertes gehört? Ooooh! Nein.

www.grahamcoxon.co.uk