Haftbefehl: Seine wichtigsten Alben im Ranking

Die sechs prägendsten Haftbefehl-Alben im Überblick – von AZZLACK STEREOTYP bis DAS SCHWARZE ALBUM. Ein Rückblick auf 15 Jahre Deutschrap-Geschichte.

Spätestens, wenn die Lebensgeschichte eines Künstlers in einer Dokumentation von Netflix erzählt wird, ist eindeutig, welchen Einfluss er auf die Musikwelt haben muss. Und so ist es auch mit Haftbefehl, der ab dem 28. Oktober in einem Film des Streaminganbieters zu sehen sein wird – persönlich und in bisher unbekannter Tiefe, wie der Trailer zu „Babo – Die Haftbefehl Story“ verspricht. Der kontroverse Rapper aus Offenbach, der seit über 15 Jahren rappt, hat mit Hymnen wie „069“, „RADW“ oder auch „Chabos wissen wer der Babo ist“ und mit acht Studienalbum deutsche Rapgeschichte mitgeschrieben. Wir haben für euch die wichtigsten Hafti-Alben herausgesucht – here we go.

AZZLACK STEREOTYP

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„Gangsta, Gangsta“ – das sind die ersten Worte des Debüts von Haftbefehl, das im deutschen Rap-Game wie sonst nichts einschlug. Am 29. Oktober 2010 erschien das erste Solo-Werk von Haftbefehl: AZZLACK STEREOTYP. Es stieg auf Platz 59 der deutschen Album-Charts ein. Zu dem Zeitpunkt stand der frisch gebackene Rapper noch bei Jonesmann und seinem Label Echte Musik unter Vertrag. Haftbefehls Albumdebüt gilt als das rohste und wegweisendste Werk des Rappers mit türkischen Wurzeln. Es erzählt Geschichten der Straße, malt vor dem inneren Auge Kurzfilme einer migrantischen, von Kriminalität, Perspektivlosigkeit, Drogen und Kampfgeist geprägten Identität. Es spricht wirklich auf gnadenloseste, bissigste Weise von Kokain und Drive-Bys, Beton und Tattoos in Blockschrift.

Heute ist klar: AZZLACK STEREOTYP hat im deutschen Rap einen Präzedenzfall gesetzt. Die 21 Tracks eröffneten 2010 neue Perspektiven dafür, wie Deutschrap klingen kann. Fans sprechen von einer ganz neuen Rapsprache – eine Sprache, die von grauen Straßenecken, durchgekoksten Nächten, Deals im glänzend schwarzen Benz, von multikulturellen Wohnblocks und Rotlicht geformt ist.

AZZLACK gilt als ein HipHop-Meilenstein – und war wenig später namengebend für Haftbefehls eigenes Label Azzlackz, bei dem neben den Frankfurtern Celo & Abdi auch sein jüngerer Bruder Capo sowie Milonair, Hanybal und Dú Maroc unter Vertrag stehen.

RUSSISCH ROULETTE

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2014 – ein Jahr, nachdem Haftbefehl einen Vertrag mit Universal Music unterschrieb – erschien die Platte RUSSISCH ROULETTE. Es ist das fünfte Album von Haftbefehl und wurde größtenteils von dem deutschen Musikproduzenten Bazzazian produziert, der an zwölf der 14 Songs auf der Standard-Edition beteiligt war. RUSSISCH ROULETTE wurde im Jahr 2024 in Deutschland für mehr als 100.000 verkaufte Einheiten mit einer Goldenen Schallplatte ausgezeichnet. Damit ist es seine kommerziell erfolgreichste Platte.

Das Werk war ein ehrgeiziges Projekt – eines, da waren sich selbst die schärfsten Kritiker:innen einig, das bewies, dass deutscher Straßenrap künstlerischen Anspruch hat. RUSSISCH ROULETTE etabliert Deutschrap ganz klar als künstlerisches Format, das von Wortwitz, lyrischen Bildern, klassischen Referenzen und unzähligen Akzent- und Sprachvariationen lebt.

Heute gelten Tracks wie „1999“ Part I bis III oder auch „Schmeiß den Gasherd an“ als Klassiker des Deutschrap.

DAS SCHWARZE ALBUM

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DAS SCHWARZE ALBUM veröffentlichte Haftbefehl 2021 und lässt es kontrastierend das Vorgängerwerk DAS WEIßE ALBUM referenzieren. Die Platte thematisiert Ausweglosigkeit und zeigt mehr noch als vorangegangene Werke Trauma und Tragik eines Lebens auf der Straße. Die 13 Songs sind düster, beklemmend, zuweilen depressiv und bedrückend angesichts der sozialen Missstände, auf die Haftbefehl das Schlaglicht wirft.

Fazit: Zuweilen sexistisch, zuweilen primitiv ist DAS SCHWARZE ALBUM dennoch ein lyrisch überzeugender Ausdruck einer tragischen Lebensform.

BLOCKPLATIN

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2013 erschien das dritte Studioalbum von Haftbefehl unter dem Namen BLOCKPLATIN. Es ist unterteilt in zwei Seiten, die Block-Seite und die Platin-Seite. Wie der Rapper damals in einem Interview mit „Vice“ sagte, kennzeichnet dies auch eine künstlerische Einteilung: Die Block-Seite solle klassischen Straßenrap nach Art von AZZLACK STEREOTYP enthalten, während die Platin-Seite sich am zeitgenössischen amerikanischen Rap orientiere. Haftbefehl nannte DJ Khaled, Drake und Rick Ross als Einflüsse.

Die Themen der Platte rangieren typischerweise zwischen Großstadt-Kriminalität, Prostitution und Drogenkonsum – teils fiktiv, teils biografisch. Haftbefehl rappt bedrohlich, hart, unorthodox. Übertreibung und Selbstironie lassen das Album der Langweile eines längst im Mainstream angekommenen Genremeisters entfliehen.

Während das Album musikalisch weitestgehend überzeugt, wird es in den Medien auch für seine in Teilen antisemitisch aufgegriffenen Äußerungen kritisiert. So schrieb unter anderem die „taz“, dass Haftbefehl auf dem Album zwar dem „ausgelutschten Genre à la Gangstarap dennoch neue und interessante Aspekte abgewinnen kann“, aber auch mit unangebrachten antisemitischen Klischees hantiere.

Haftbefehl war bereits mit früheren Liedzeilen aufgefallen, die sich abwertend gegenüber jüdischen Menschen äußerten. Der Rapper selbst wies Antisemitismus-Vorwürfe stets zurück. In einem im April 2021 veröffentlichten Interview mit dem „Spiegel“ distanzierte sich Haftbefehl von den von ihm in der Vergangenheit geäußerten Verschwörungstheorien – zu denen auch die sogenannte „Rotschildtheorie“ gehört, die er mehrfach referenzierte – und entschuldigte sich.

KANACKIŞ

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Im Frühjahr 2012 erschien Haftbefehls zweites Studioalbum KANACKIŞ. Es erreichte die Top Ten der deutschen Album-Charts und enthält Gastbeiträge von Künstlern wie Jan Delay und Sido. Mit der Platte zeigte der Rapper, dass er den Newcomer-Status bereits abgelegt hat. Die Platte war Plattform für Haftbefehls inzwischen als legendär wahrgenommene Aussage: „Das ist kein Deutsch, das hier ist Kanackisch“ – ein Satz, der für das Album ebenso Programm ist wie er zum Motto einer neuen Deutschrap-Kultur wurde.

KANACKIŞ verfeinert Flow und Beat im Vergleich zum Debütalbum AZZLACK, erzählt aber im Grunde dieselben Geschichten – Erzählungen von fetten Autos und teuren Hotelzimmern, Lektionen im Kokainstrecken und Geldwäsche.

DAS WEIßE ALBUM

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DAS WEIßE ALBUM ist das fünfte Soloalbum von Haftbefehl. Es erschien am 5. Juni 2020 über Azzlackz, sechs Jahre nach RUSSISCH ROULETTE. Darauf enthalten sind die Klassiker „RADW“ sowie eine Fortführung der „1999“-Reihe.

Die LP liefert starke Beats mit knallharter Attitüde. Allerdings überschreitet Haftbefehl die feine Linie von Systemkritik und Machertum hin zu Sexismus und Herabwürdigung regelmäßig. Das Album ist so kontrovers wie die meisten Lines, die Haftbefehls Mund verlassen. Es ist anstößig, ungeschönt, zuweilen hässlich – und in dem Sinne ein umso schonungsloseres Gemälde einer lebenslangen Grenzerfahrung auf den Frankfurter Straßen.