Haftbefehl und Kokain: Wie überlebt man 10 Gramm?
Haftbefehl spricht offen über seinen extremen Kokainkonsum. Wie überlebt man 10 Gramm täglich? Zahlen, Risiken und medizinische Fakten im Überblick.
Rapper Haftbefehl spricht in seiner Netflix-Dokumentation „Babo – Eine Haftbefehl Story“ offen über seinen massiven Kokainkonsum. Teilweise nahm er bis zu zehn Gramm der Droge zu sich– eine Menge, die laut Expert:innen eigentlich tödlich sein sollte. Wie geht das?
Koks im Rampenlicht
Nicht nur in der Partyszene, auch in Medien und Musik ist Kokain verbreitet – das bestätigt auch die „Babo“-Doku. Aykut Anhan, alias Haftbefehl, erzählt darin von seinem täglichen Konsum, der bis zu zehn Gramm am Tag erreichte: „Ein Gramm links, ein Gramm rechts, alle 20 Minuten“, sagt der Musiker selbst in der Dokumentation. Nach einem Zusammenbruch musste er schließlich wiederbelebt werden.
Laut der European Union Drugs Agency gelten fünf Gramm täglicher Konsum bei Abhängigen als letale Dosis. Nichtabhängige sterben meist schon bei rund 1,2 Gramm. Bei besonders empfindlichen Menschen können bereits 30 Milligramm tödlich wirken – ein drastischer Hinweis auf Haftbefehls extreme Sucht, der nur durch seine Abhängigkeit und Glück die Dosis von zehn Gramm überleben konnte. „Ich war praktisch tot“, erzählt der Rapper.
Was steckt in Kokain wirklich?
Kokain wird aus den Blättern von Erythroxylon coca Lam (Kokablätter) gewonnen, die in den südamerikanischen Anden angebaut werden. Je nach Verarbeitung entsteht in Kombination mit Hydrochlorid-Salz entweder pulverförmiges Kokain oder brockenförmige Kristalle – bekannt als Crack. Bei nasaler Einnahme wirkt die Droge stimulierend auf das zentrale Nervensystem. Sie aktiviert Nervenzellen, die Dopamin, Noradrenalin und Serotonin enthalten. Bereits nach Sekunden bis Minuten setzen Euphorie, gesteigertes Selbstbewusstsein und der Abbau von Hemmungen ein. Die Halbwertszeit liegt durchschnittlich bei etwa 60 Minuten.
Kokainboom in Deutschland: Zahlen, die alarmieren
Der Konsum und Besitz von Kokain ist in Deutschland illegal – doch die Zahlen steigen seit Jahren. Laut der Deutschen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (DBDD) kamen 2023 in Berlin 541,34 Milligramm Kokain auf 1000 Personen. 2018 waren es noch 343,08 Milligramm. Der Anteil der 18- bis 59-Jährigen, der mindestens ein Mal im Jahr konsumiert wuchs von 0,6 % (2015) auf 1,6 % (2021). Haftbefehl selbst bestätigt in der Doku, dass er bereits im Alter von 13 Jahren mit dem Koksen begann – heute ist er also bereits seit 25 Jahren süchtig.
Lebensgefahr pur: So wirkt eine Überdosis
Eine Überdosis Kokain kann schwere Krampfanfälle auslösen. Durch die Erweiterung der Gefäße und den Abfall des Blutdrucks kann das Gehirn nicht mehr ausreichend versorgt werden – ein sogenannter Kokain-Schock, der tödlich enden kann. Zudem drohen Lähmung des Atemzentrums, Kreislaufversagen und Herzinfarkte, die ebenfalls lebensgefährlich sind. Häufiger Konsum kann außerdem eine Kokain-Psychose verursachen, die sich in Aggressivität, Wahnvorstellungen und Halluzinationen äußert.
Wenn der Körper nicht mehr ohne kann
Schon nach wenigen Wochen kann sich eine Toleranz entwickeln – für die gleiche Wirkung braucht es immer größere Mengen. Je häufiger Kokain konsumiert wird, desto stärker stellt das Gehirn die eigene Produktion von Dopamin, Serotonin und Noradrenalin ein. Beim Entzug reagiert der Körper mit Symptomen wie Bluthochdruck, da er sich an die blutdrucksenkende Wirkung gewöhnt hat. Diese Abhängigkeit sorgt dafür, dass Süchtige immer höhere Dosen vertragen – oder benötigen.
Gesicht der Sucht? Haftbefehls zerstörte Nase
Neben inneren Schäden sind auch äußerliche Folgen sichtbar. Besonders Haftbefehls deformierte Nase fiel vielen Fans in der Doku auf. Diese kann durch Schädigung der Nasenschleimhäute und der Nasenscheidewand infolge jahrelangen Konsums entstanden sein. Laut „Innovation Healthcare“ erklärt Matteo Trimarchi, Professor für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde an der Università della Svizzera italiana in Lugano, dass der Durchbruch der Nasenscheidewand bis hin zum vollständigen Kollaps der Nasenform möglich ist. Ob das bei Haftbefehl der Fall ist, bleibt unklar.
Auf TikTok wird viel über Haftbefehls Nase spekuliert:
Typisch in der Szene, aber nicht für der Straße
Wie die Stuttgarter Drogenberaterin Elena Feller gegenüber dem „Deutschlandfunk“ betonte, sei die Doku ein gutes, aber auch abschreckendes Beispiel für extremen Drogenkonsum. Ein solcher Konsum über 25 Jahre sei nur durch Haftbefehls finanziellen Erfolg möglich gewesen. „Je mehr Geld man hat, umso mehr kokst man“, bestätigt der Rapper. Viele andere Süchtige verlieren durch ihre Abhängigkeit Wohnung und Arbeit. Häufig folgt aus finanzieller Not der Umstieg auf günstigere Drogen – mit zusätzlichen Risiken.


