Hirnflimmern


Die Koaliton der Billigen vs. die Achse der Süßen

Faszinierend, wie man im Zeitalter der Diversifikation doch immer noch punktgenau Fernsehen konsumieren kann: Man schaltet zum Beispiel nur drei Minuten lang „Wetten dass…?“ ein, und zack! wird einem dümmstmögliches Unmenschengeplapper serviert, pointiert to the max. Da sitzt Thomas Gottschalk mit Udo Jürgens (der als lebensweise gilt, seit er in Interviews immer erzählt, wie voll auf Alk er früher mal war) auf der Couch. Und weil seit vier Tagen Krieg ist, muss was Nachdenkliches gesagt werden, damit das Gewissen für das folgende Halligalli sediert ist. Also jammt The Notorious G freimütig drauflos: „Wir dürfen uns nicht vormachen, dass da draußen die Welt in Ordnung ist. Überall ist Stress. Überall… da ist Stress in der Familie … ich sog mal: Wer’s nicht mal hinkriegt, seine eigene Mischpoke in‘ Griff zu kriegen… ich sag mal: Wenn man sagen kann: ‚Ich hab bei mir zu Hause Frieden‘, dann kann man, glaub ich, auf die Straße gehen.“ Tada! Applaus. Der Thommy! Schön, dass uns einer die komplexen Probleme der großen weiten Welt auf Einordenbarkeit in unser kleines Idiotenmoralkoordinatensystem herunterstutzt, dazu in so anheimelndem Lindenberg-Deutsch. Wir halten also fest: Nein, die Welt da draußen ist nicht in Ordnung, nichts vormachen, bitte. Und ja, es dürfte in der Tat einigermaßen echt voll krass stressig sein, während des Einkaufens eine intelligente Zwei-Tonnen-Cruise Missile auf den Marktplatz geknallt zu bekommen und mit ansehen zu müssen, wie Cousine und Sohn von Splittern die Köpfe weggerissen werden. In etwa vergleichbar damit, wenn bei Gottschalks zu Hause die Mischpoke mal wieder an Theas Abendessen rumnörgelt. Interessant wäre ja, wie weit der Thommy seine Mischpoke im Griff hat und folglich berechtigt wäre, sich in anderer Leute Stress-Angelegenheiten einzumischen, also etwa gegen den Irakkrieg zu protestieren. Ob diese ganzen naseweisen schulschwänzenden Teenager ihre Mischpoken im Griff haben? Darf man ja wohl guten Gewissens anzweifeln. Genauso wie die Annahme, dass Gottschalk noch irgendeine Vorstellung davon hat, was er da eigentlich redet. Wie so viele andere dieser Tage, die nie gelernt haben, wie man zwischendurch mal anstandsvoll den Rand hält. Schluckt nicht das billige Das-Leben-geht-weiter-Geseier der vereinigten Zeitdiebe. Schaut/hört keine Kriegsnachrichten auf kommerziell ausgerichteten Sendern – sie sind Teil der Hirnwäscherei, die uns mit so weit gebracht hat. Bleibt sauer, bleibt dran, egal was mit eurer „Mischpoke“ los ist. Dies sind keine Zuckerschleckzeiten, Zurücklehnen war gestern. Und ist hoffentlich morgen wieder.

-Was ist dem Lieblings-Motörhead-Song?

= Billy Bob Thornton

„Wen meinst du? -Motörhead -„Kenn ich nicht. Was is‘ das?“ – Die Band von Lemmy -„Lemmy?“ -Der wohnt doch bei euch in Los Angeles -.

~ „Muss ich den kennen?“