Jam & Spoon


In England gehören Jam & Spoon seit langem zur Creme der Mixer-Gilde. Nun avancieren Jam El Mar alias Rolf Ellmer und Mark Spoon alias Markus Löffel vom Geheimtip der deutschen Dance-Szene zum Hit. Der „"Tripomatic"-Doppelpack macht's möglich.

Was haben polynesische Gesänge, gregorianische Kirchenmusik, Opern-Pathos und Psychedelic Rock, Samba-Rhythmen und Disco-Sound miteinander zu tun? Richtig: im Grunde gar nichts. Es sei denn, man verfremdet die konträren Stile und mischt sie so geschickt zusammen, daß daraus neue Sphärenklänge entstehen. Eine Droge für die Ohren, versteckt hinter kosmischkryptischen Titeln wie „Odyssey To Anyoona“, „Neurotrance Adventure“ oder „Ancient Dreams“. Die verkauft man den Leuten dann auf CD als „Tripomatic Fairytales 2001 & 2002“, und schon werden alle süchtig nach diesen akustischen Halluzinogenen. Dazu stellt man dann noch eine äußerst attraktive Sängerin namens Plavka vor Mikrophon und Kamera und schon paßt’s.

Genau das machen die Frankfurter Jam & Spoon. Und zwar so erfolgreich, daß ihnen in Großbritannien für ihre Soundentwürfe — unter anderem für Frankie Goes To Hollywood, Moby, Dr.Alban, Quincy Jones und Pet Shop Boys — die Auszeichnung „Remixer des Jahres“ vom Dancefloor-Magazin „Mixmag“ verliehen wurde. Dabei sind Jam & Spoon in etwa genauso konträr wie die Musikrichtungen, mit denen sie arbeiten. Jam El Mar alias Rolf Ellmer, 28: klassisch geschulter Gitarrist und Student der Kompositionslehre am Konservatorium, schlank und blaß, nachdenklich bis introvertiert. Mark Spoon alias Markus Löffel, ebenfalls 28 Jahre: gelernter Koch und gefragter DJ, grüne Sonnenbrille und rötlicher Bart, Typ: Tausendsassa und hoppla, jetzt komm‘ ich.

Während Mark Spoon in der Frankfurter In-Disco „Dorian Gray“ dem Möchtegern-Jet-Set und der Vorzimmer-High-Society gnadenlos einheizt, hockt Jam El Mar in einem Hinterhausturm im beschaulichen Stadtteil Eschersheim und tüftelt in seinem „Allstarr Warehouse“-Studio an musikalischen Experimenten. Hier werden zum Beispiel auch Die Prinzen klanglich veredelt. Und hier entstanden auch die „Tripomatic Fairytales“, in neunmonatiger Arbeit.

Kein Wunder also, daß Jam immer noch ein bißchen bleich um die Nase ist, derweil sein Partner Spoon einen Kurzurlaub im indischen Goa plant, dem letzten Refugium für die vom Aussterben bedrohte Spezies der Hippies. Jam reist dafür lieber im Geiste (vielleicht auch, weil er sich so sehr vorm Fliegen furchtet). Sein Reich ist die futuristisch anmutende Schaltzentrale gigantischer Synthesizer. Per Knopfdruck kreiert und durchstreift er ganze Galaxien aus Tönen, ohne auch nur einen Fuß vor die Tür zu setzen. Spoon fungiert dafür als Manager des erfolgreichen Dance-Labels „Logic“. Hits wie ihr Debüt-Titel „Tales From Danceographic Oceans“ (1992) oder „Right In The Night“ — derzeit europaweit auf vorderen Chart-Plätzen zu finden- beweisen, daß die Symbiose Jam & Spoon blendend funktioniert.

„Später möchte ich gern einmal Musik für Choreographen komponieren“, bekennt der Ballett-und Theater-Fan Rolf Ellmer, der mit Freundin und zwei Katzen in einer kleinen Zwei-Zimmer-Wohnung in Frankfurts City lebt. Der einzige Luxus: ein teurer Ferrari Testarossa. Und auch der rastlose Mark Spoon hat als Markus Löffel ganz bürgerliche Träume: „Mit 35 will ich ein Haus, eine Frau und vier Kinder haben.“