Jarvis Cocker – Köln, Live Music Hall


Endlich auf Solo-Reise unterwegs, entschwebt Jarvis Cocker in neue ästhetische Sphären und pflanzt gigantosen Pop in den Chanson-Garten.

Sogar der Sound zwischen den Songs ist hochgradig interessant. Mehr noch: Er ist launig dargeboten, und er destilliert aus Beobachtungen des Alltäglichen wohlfeile Ironie. Ersei nach dem Soundcheck etwas spazieren gewesen, erzählt der Schlaks auf der Bühne, und da habe er, mitten in der Stadt, einen Leuchtturm gesehen. Worauf er sich keinen Reim machen könne. „Falls das Meer doch noch kommt“, ruft jemand aus dem Publikum. Dieser Einwurf wird ansatzlos gekontert-. „This /s reatly forward planning.“ Nun ist es tatsächlich so, dass unweit der Kölner „Live Music Hall“ ein Leuchtturm steht – viel wichtiger aber ist, dass auf der Bühne der Mann steht, der immer noch der Sängervon Pulp ist. der Intelligenzia-Schwadron des 9Oer-Jahre-Britpop. die bis heute nicht offiziell aufgelöst wurde: Als die kunststudentischen Schlaumeier von Blur noch nicht mal wussten, ob der Herr Lehrer überhaupt eine Arbeitsanweisung erteilt hatte, hatten Pulp die Hausaufgaben schon längst gemacht.

So schlicht wie eindeutig mit jarvis betitelt ist das erste Soloalbum des Sängers aus Sheffield: mehr Statement mit weniger Buchstaben geht kaum, und rein äußerlich ist Mr. Cocker unverändert: Schelmisch lugt er, im Rücken eine fabelhafte Band, durch seine Hornbrille, die ihn so leicht identifizierbar macht wie sein Faible für Sozial-Voyeurismus. Denn auch das ist geblieben, wenn Cocker auf Solopfaden wandelt. Beziehungsweise als Großmeister überkandidelter Posen und Dandy unter den Exzentrikern hüpft, springt, kontrolliert zuckt: eine Wahnsinns-Melange aus anbetungswürdiger Diva und ungelenkem Storch im Salat. Mit der Eleganz eines Crooners singt sich Cocker durch die Lieder seines Soloalbums – kein Pulp-Song, nirgends -, und pflanzt dabei gigantosen Pop in den Chanson-Garten. Ironisch wird dabei in „I Will Kill Again“ die Lebenssituation des Mannes jenseits der 40 aufs Korn genommen, und in“.Running The World“ schlüpft Jarvis Cocker in die Rolle eines darwinistischen Schnösels. Ab hier gilt: Irony is over – wissend, dass die Welt nie so eingerichtet sein wird, wie man sie gerne hätte, schlussfolgerter bitterböse und gallig:. .Cuntsare still running the World“ – was für ein tolles Antidot gegen all die Bonos und Chris Martins dieses Planeten. Als letzte Zugabe serviert Jarvis Cocker. der Sinatra des neuen Jahrtausends Iden Platz neben ihm besetzt natürlich Morrissey),“.What Goes On“ von The Velvet Underground, und ein paar Minuten später ist klar: Im Leuchtturm unweit der Live Music Hall brennt noch Licht. Das aber wird überstrahlt: von Jarvis. >>>www.myspacecom/jarvspace