Jellyfish Kiss in Bildern


Mit einmal darf's wieder folkloristisch sein: Akkordeon und akustische Gitarren feiern fröhliche Urständ - neuerdings auch in Schweizer Hinterhöfen.

Wie wohl das tut: Nach Jahren dumpf-debiler Stampfrhythmen wird Musik wieder in Handarbeit erstellt – und das gleich weltweit. Was den Angelsachsen ihre Pogues. den Galliern ihre Negresses Vertes, das ist uns Helveten Jellyfish Kiss – eine charmant schmuddelige Combo, die sich ohne Respekt an bereits Vergessenem vergreifen. Wer außer Tom Waits hätte denn vor fünf Jahren ernsthaft daran gedacht, allein mit einem Akkordeon bewaffnet auf die Bühne zu steigen?

Andrea Caprez jedenfalls nicht. Der Sänger und Gitarrist des Bündner/Zürcher Quartetts erläutert: „Ich sollte vor zwei Jahren die Musik zu einem Film des Regisseurs Christoph Schaub schreiben. Er wünschte sich etwas mit Handorgel, also habe ich das auch gemacht. Daraus hat sich dann die Band entwickelt.“

Sehr zur Freude des Schweizer Publikums: Schon die erste Single „Mickey Mosquito“ wurde zum heimlichen Renner bei den Radio-Stationen und nun ist für das DRS 3-Projekt „Sound Sessions“ gar eine erste Mini-LP mit sechs Songs – stets geprägt vom bittersüßen Klang des Akkordeons von Gaudenz Jehli – erschienen. Hier wird konsequent fortgesetzt und verfeinert, was die ersten beiden Singles bereits andeuteten, nämlich die Idee.“.innerhalb des Rock ’n‘ Roll eine Art europäische Folklore zu spielen und sich damit etwas von allzu amerikanischen Klischees abzusetzen. „

Dazu passen auch die Querverbindungen zum Comic Strip – einer Kunstgattung, die ihre Heimat im frankophonen Raum hat; Andrea Caprez ist immerhin seit etlichen Jahren als Zeichner bekannt. An seinen Bildgeschichten arbeitet er immer gemeinsam mit dem Texter Christoph Schuler, der als fünfter Mann im Band-Boot sitzt. Diese Verbindung steht zwar erst am Anfang ihrer Entwicklung, doch das ist um so interessanter.

Ein treffendes Beispiel liefert der Song „This 1s The Night“: „In Martigny gibt’s ein Fest der Toten und dafür mußten wir einen Comic entwerfen. Aus diesen Bildern ist dann der Song entstanden. Es ist uns überdies wichtig, daß in den Songs eine Geschichte erzählt wird, die wirklich Hand und Fuß hat.“

Man begebe sich also mal mit Jellyfish Kiss in die Bar der Toten, erlebt prompt einen Spanner, der eine mehr als seltsame Beziehung zu einem Känguruh im Käfig eines Zoos entwickelt, landet im „Honeymoon Hotel“ und sieht – basierend auf einer Kurzgeschichte des Amerikaners John Fante – einen Maurer im Schnee: kurzum Jellyfish Kiss, eine Rock ’n‘ Roll Band am Lagerfeuer, erzählt kleine Bildgeschichten aus dem Alltag.