Justice im Blind Date – „Ich will jetzt nichts Böses sagen!“


Zum Abschied wird Xavier de Rosnay sagen: "Seltsame Auswahl". Noch seltsamer war, dass die eine Hälfte von Justice genau dort deutliche Lücken offenbarte, wo man Kenntnisse erwartet hätte.

Simian – „Never Be Alone“

(Kein halber Takt ist vorbei) Simian.

Das war einfach. Mit einem Remix dieses Songs sind Justice bekannt geworden.

Das war überhaupt das erste Mal, dass Gaspard (Auge, der Rest von Justice, die Red.) und ich zusammen Musik gemacht haben. Wir haben den Song für einen Uni-Radio-Wettbewerb geremixt, ohne das Stück jemals zuvor gehört zu haben. Damals hatten wir noch keine Computer, nur einen Sampler. Auf den passte aber nur der Refrain drauf, also mussten wir den Track sehr einfach halten. Deshalb hat er wahrscheinlich so gut im Club funktioniert.

Habt ihr den Wettbewerb gewonnen?

Nein. Das hat uns aber auch nicht überrascht. Wir finden auch heute nicht, dass das unser bester Track ist.

Crosby, Stills, Nash & Young – „Almost Cut my Hair“

(Hört. Und denkt. Und hört. Und denkt.)

Auf eurem letzten Album covert ihr einen anderen Song des Sängers.

(immer noch keine Reaktion)

Es ist David Crosby.

Ach so. Das Stück kenne ich jetzt nicht, aber wir mögen alten Folkrock, allerdings vor allem wegen der Songs, nicht wegen des Sounds. Crosbys „Orleans“ haben wir nachgespielt, weil es so viele schöne, sich überlagernde Vokal-Harmonien hat und weil es auf einem französischen Volkslied basiert. Wir wollten mal was in einem für uns fremden Genre machen. Wir hätten auch etwas Eigenes komponieren können mit diesem Stück im Hinterkopf, aber manchmal ist es besser, ehrlich zu sein – also haben wir es gecovert.

Yes – „Roundabout“

Das sagt mir nichts.

Es sind Yes.

Ich kenne Yes, aber nur „Owner Of A Lonely Heart“. Diesen Song habe ich noch nie gehört. Ich weiß, alle haben behauptet, unser letztes Album Audio, Video, Disco würde sich an solchem alten Prog Rock orientieren. Aber das ist Quatsch. Das Problem des Prog Rock ist doch ohnehin, dass er Technik und Virtuosität wichtiger nimmt als Emotion und Stil. Wir mögen simple Musik.

Queen – „Flash“

(sofort) Das ist „Flash“. Wir lieben diesen Song.

Das ist aber auch Prog Rock.

Im Kern ist es vor allem ein guter Song. „Flash“ hat zwar verschiedene Ebenen, aber die entscheidende Ebene ist nicht progressiv, sondern sehr einfach und eingängig.

Scooter – „How much is The Fish“

Was ist das denn?

Eine deutsche Band.

Ist es Scooter?

Ja. Kennst du Scooter?

Nur den Namen. Scooter ist so ziemlich die einzige deutsche Band, von der ich mal gehört habe. Ich will jetzt nichts Böses sagen, aber dieses Stück vereint einige Eigenschaften, die wir an Musik nicht mögen – vom Songwriting über die Vocals und den Sound bis zur Produktion.

Es dürfte gewisse Überschneidungen in eurem Publikum geben.

Wenn es so ist, finde ich es großartig. Es kann ja nicht unser Ziel sein, nur vor denen zu spielen, die genau verstehen und nachvollziehen, was wir uns beim Musikmachen gedacht haben. Dann würden wir nur noch vor 20 Leuten auftreten. Das ist doch nichts Schlechtes, dass Menschen, die Scooter hören, auch unsere Musik gut finden.

Daft Punk – „Burnin'“

(sofort) Das ist „Burnin'“. Ein großartiger Track. Daft Punk war eine der Bands, die wir als Teenager gehört haben. Daft Punk haben die Tür für französische Bands ins internationale Geschäft geöffnet, sie haben es uns ein bisschen einfacher gemacht.

Hast du damals zu diesem Track getanzt?

Ich war nie ein großer Tänzer.

AC/DC – „You Shook Me All Night Long“

(wie aus der Pistole geschossen) „You Shook Me All Night Long“. AC/DC sind eine fantastische Band. Die klingen nicht gut, aber sie klingen toll – wenn das Sinn ergibt. Und sie haben ihr ganzes Leben lang denselben Song gemacht, aber der Song war großartig. Das ist nicht einfach!

Milli Vanilli – „Girl You Know It’s True“

Nie gehört.

Das sind Milli Vanilli.

Wirklich? So klingen Milli Vanilli?

Es gab Gerüchte, dass ihr eure Tracks nicht selbst mischt, dass ihr die „Milli Vanilli des Techno“ seid.

Klar, wir sind nur die Tänzer von Justice. Gaspard und ich haben uns bei einem Casting kennengelernt. Die haben zwei Typen gesucht, die gut aussehen. (großes Gelächter)

Justice gehören seit Mitte des Jahrtausends zur Speerspitze französischer Elektronik. Für erstes Aufmerken sorgten sie 2006 mit „We Are Your Friends“, erwähntem Simian-Remix. Der Durchbruch gelang Gaspard Auge und Xavier de Rosnay 2007 mit der Single „D.A.N.C.E.“, im gleichen Jahr erschien ihr Debüt . Heiß diskutiert wurde das 2008 erschienene Video zu „Stress“, das ohne übermäßige Distanz die Gewalt einer Jugendgang abbildete. Zuletzt veröffentlichten Justice im Herbst 2011 ihr zweites Album Audio, Video, Disco.