Kings of Leon


Als Showkanonen bleibt die Followill-Mischpoke aus der amerikanischen Provinz eine Bande von Rohrkrepierern, doch wer Rock will, der selbstbewusst bis stur den Traditionenstadel aufmischt, wird von ihnen bestens bedient.

Sie wollen es gerade und aufrecht herausrocken. Unmissverständlich herüberrocken zu uns, auf die andere Seite einer unsichtbaren Mauer, hinter der sich diese jungen, fast alle Interaktion versagenden Retroschnöse! nicht zu breitbeinig aufgestellt haben, um uns ihre Lieder zu schenken. Sonst gibt’s hier nichts. Keine Geste des Schenkens, nicht einmal eine richtige Pose, ohne die dieser Rock am Ende doch dastehen muss wie ein Harley-Mann ganz ohne Leder, keine warmen Worte. Nur zwei, drei Ansagen, die man in ihrer Unverbindlichkeit auch gut hätte im Foyer aushängen können. Guten Tag. Eine Widmung dem Ol‘ Dirty Bastard. Auf Wiedersehen. Sonst nur Musik. Schwitzmusik. Ruppig und rau. Rumpel und Kläff! Rock, wie Rock sein sollte. Laut und möglichst gut nämlich. Sehr gut sogar. Weiler, geradein Form der so seltsam unausgegorenen oder nach abweichender Sicht weise eben noch ziemlich bissfesten Stücke von Aha Shake Heartbreak, live seine Spannung erst richtig entfaltet. Was vielen an diesem verflixten zweiten Album nicht genügt, weil es die Songformate zu selten komplett ausfüllt, weil es Versprechen nicht einlöst, weil es offensichtliche Irrwege einschlägt und trotzdem nicht wiederkehrt zur letzten Abzweigung – gerade dieser feste Wille zur Unvollkommenheit oder besser: Unvollständigkeit gibt den Caleb, Nathan, Jared und Matthew Followill live den Duft des Verwegenen, derseit Dylans Elektrifizierung viel zu selten durch die Konzerthallen gezogen ist. Und wer so ein Aroma verbreitet wie andere meistens nur schlechte Luft, spielt womöglich auch gleich zu Beginn sehr sehr tight und mit hoch ausgefahrenen Gängen den Großteil seiner umjubelten straighten Hits vom Debüt Youth And Youngmanhood herunter, um sich in der Folge vor allem seiner neuen Liebe zum eigenen festeren Profil zu widmen. Nicht, dass die Kings Of Leon dieses gerade in der Wahl ihrer Mittel in besonders hervorhebenswertem Maß beweisen würden. Ganz im Gegenteil: Sie werfen mit zwischenzeitlich fast „zünftig“ zu nennenden Anspielungen, längst vergoldeten Riffs, Bass-läufen für den Ritt in die Ewigkeit nur so um sich. Wobei eben nicht nur die frühen 70er, vom Südstaatenrock bis Led Zeppelin, sondern auch die späten bis hin zu mehr als einer Ahnung von Blondie bei… Hey, aber: Es ist egal! Schnurzpiep. Weil ohnehin die größte Fertigkeit im popmusikalischen Kunsthandwerk der Wiederverwertung darin besteht, das Alte und Bewährte so jung und frisch zu interpretieren, als wären einem vorgestern erst in wildem Jam und dollem Rausch die Ideen dazuzugeflogen. Die Kings Of Leon können das. Zudem besteht die Großartigkeit der neuen Songs von Aha Shake Heartbreak eben genau darin, dass der betont zweckdienliche, griffbrettfixierte Leadgitarrist Matthew und die auch nicht eben als Showkanonen anrollenden Followill-Brüder eine – in Hinblickauf Wirkung, aber nicht auf Traditions-Rückbesinnung gewonnene – Essenz dessen verabreichen, was in den 7Oern vom abenteuerlustigen Spiel mit allerlei Tut-man-nichts mitten hinein ins doofe Stadion rollte. Zu verknappt, zu knackig, zu überraschend Haken und Schneisen schlagend ist das, was die Kings Of Leon aufführen, um mehr als ein, zwei schlechte Ahnungen von üblen Taten im Namen des Rock’n’Roll zuzulassen. Vielmehr gibt es: sehr viele gute Ahnungen. Wenn nicht sowieso gerade wieder, viel konkreter, immer feste druff: Rumpel und Kläff!

www.kingsofleon.com