Kino-Tips



Die Vertreibung aus dem Paradies

Regie: Nikiaus Schilling Datsteller: Herb Andress, Elke Haltaufderheide, Andrea Rau, Ksenija Protic, Herbert Fux, Wolf gang Lukschy.

Dieser Film, die erste größere Kinoarbeit eines aus der Schweiz stammenden Jung-Regisseurs, wurde mit soviel Vorschußlorbeeren zu den Berliner Filmfestspielen geschickt, daß einem fast bange wird. Für die „Zeit“ ist die „Vertreibung aus dem Paradies“ schlicht ein „Meisterstück“, Ar die „Frankfurter Rundschau“ ist es ein „bestürzend schöner Film“, und glaubt man der „Süddeutschen Zeitung“, so will man sich nach diesem Streifen „eigentlich nie wieder vor einen Fernsehapparat setzen“. Da wird man doch noch fragen dürfen: Muß das Lob denn gleich so dicke kommen?

Dabei ist die „Vertreibung aus dem Paradies“ ein durchaus interessanter, ansehnlicher, munterer Unterhaltungsfilm, ein runder Kinospaß für den, der zwei Stunden Zeit hat. Doch ein Meisterwerk ist das nicht, dazu fehlt es ihm an Größe, Klarheit und Komik. Regisseur Schilling erzählt von einem recht erfolglosen Kleindarsteller (Herb Andress, bekannt aus der TV-Serie „Alles Gute, Köhler!“) um die 40, der nach langen Jahren aus der Glitzerstadt Rom heimkehrt ins Münchner Heim; wo die Mutter soeben ihren letzten Hauch getan hat und wo das bleiche blonde Heimchen von Schwester fasziniert seinen Erzählungen aus der großen weiten Welt des Films lauscht. Unser Held Andy gerät nun an eine bunte Auswahl Schwabinger Typen: Das Schnorrer-Mädchen (Andrea Rau), bankrotte Filmproduzenten, überdrehte Werbefilmer (Andys Tankstellen-Werbespot geht denn auch flott daneben), einen diebischen Bankmenschen und eine falsche Gräfin, die sich aber als echte Heiratsschwindlerin von hohen Fähigkeiten erweist. Spezialität der kessen, kühlen Damen (gut gespielt von Ksenija Protic) sind betuchte Herren aus möglichst besserem Hause, und Andy hilft ihr fortan, dieselben auszunehmen, als wären es gerupfte Puter. In diesen Szenen gewinnt der Film seine besten, lustigsten Momente, hier ist der Humor nicht so angestrengt und aufgedonnert wie in den vielen Szenen, in denen der bundesdeutsche Filmbetrieb auf die Schuppe genommen wird (die aber oft nur für Eingeweihte verständlich sind). Regisseur Schilling unterlegt seine wuchtig ins Bild gesetzten Leinwandscherze gerne mit großem Opernsound — und keineswegs immer weiß man, wo die Ironie anfängt.

Zum Schluß des Films fahren Andy und die anderen zurück nach Rom, in die Filmstadt Cinecitta. Dort weist ihnen ein blonder Jüngling mit Engelsflügeln den Weg zurück ins Paradies. Ein Paradies aus Pappe.

CHAPLINS BESTE FILME

In vielen unserer Kinos sind zur Zeit noch einmal die großen Meisterwerke des größten Genies zu sehen, das das Kino je hervorgebracht hat. Chaplin selbst, der heute 88jährig seinen späten Lebensabend am Genfer See verbringt, hat die Filme vor sechs Jahren erneut herausgebracht, nachdem sie lange Jahre nicht mehr öffentlich gezeigt worden waren. Chaplins herrlichste Szenen passieren in diesem Programm noch einmal Revue: „The Kid“ aus dem Jahre 1921 mit dem umwerfend tragischkomischen Knaben JackieCoogan und dem Engelchen-Ballett, „Goldrausch“ (1925) mit dem famosen Brötchentanz und den verspeisten Stiefeln, „Der Zirkus“ (1928), „Lichter der Großstadt“ (1931) mit dem blinden Blumenmädchen, dem lebensmüden Millionär, dem komischen Box-Ballett und derverschluckten Trillerpfeife, „Moderne Zeiten“ (1936) mit Charlie als Opfer von Fließband und Eßmaschine, „Der große Diktator“ (1940) die entlarvende Satire auf Hitler und die Nazis -, „Monsieur Verdoux“ (1947) mit dem liebevollen Porträt eines charmanten Frauenmörders, und schließlich „Ein König in New York“, vor 20 Jahren als vorletzter Film des großen Chaplin entstanden.

Um es mal klar zu sagen: Diese Filme muß jeder sehen, der nicht als hoffnungsloser Miesepeter gelten will. Charlie, der heruntergekommene, oft verschlagene, stets aber Lachen machende Stromer – Markenzeichen: Watschelgang, steifer Hut, abgeschabter Cut, übergroße Latschen an den Füßen – ist eine Weltfigur, ein Zukurz-Gekommener wie Millionen andere, der stets den Großen dieser schäbigen Welt eins auswischt. Hier zeigt der Vagabund dem reichen Schnösel, was eine Harke ist; plötzlich gelten weder Werte wie Menschlichkeit, Humor, Wärme, aber auch Schadenfreude ist manohmal dabei. Hingehen und ansehen.