KI-Falschmeldungen: Wie Celina Euchner zur erfundenen Freundin von Kontra K wurde
Eine Journalistin wird durch KI-Systeme zur erfundenen Freundin von Kontra K. Der Fall Celina Euchner verdeutlicht die Gefahren von KI im Nachrichtensektor.
Celina Euchner ist die Freundin von Kontra K – das zumindest behaupten hunderte KI-basierte sogenannte Nachrichtenseiten im Netz. Die Schweizer Journalistin hatte 2019 ein Interview mit dem Deutschrapper für „Blick“ geführt – und damit hörten ihre Berührungspunkte mit dem Rapper auch schon auf. Dennoch wird sie seit 2024 im Netz als Freundin, Frau oder sogar Mutter der Kinder von Kontra K dargestellt.
Unter anderem die Chatbots Claude und Perplexity verbreiteten diese Falschinformationen, ebenso wie Grok, das Programm von Elon Musk: „Aktuelle Quellen bestätigen Celina Euchner als seine aktuelle und langjährige Partnerin“, gab Grok bis Anfang November aus, wenn Nutzer:innen nach Kontra Ks Partnerin fragten.
„Ich fühle mich bloßgestellt, irgendwie beschmutzt“
Euchner selbst erfuhr von den massenhaften Berichten erst durch einen Freund, wie sie in einem Erfahrungsbericht im „Tages-Anzeiger“ schreibt. „Ich fühle mich bloßgestellt, irgendwie beschmutzt. Nichts davon stimmt, aber für wen spielt das eine Rolle?“, beschreibt sie das Gefühl der „Machtlosigkeit“, das sie empfindet, wenn sie Artikel nach Artikel sieht, die ein erfundenes Leben als Rapper-Ehefrau schildern.
Kein Impressum, keine Kontaktmöglichkeiten
Heute arbeitet Euchner für den „Tages-Anzeiger“, der die Falschnachrichten in einer Recherche aufgearbeitet hat. Die Journalist:innen fanden heraus: Der erste Artikel, der Euchner als Partnerin von Kontra K bezeichnete, scheint am 14. August 2024 auf „Lifeswire.de“ unter dem Titel „Kontra K Freundin Celina Euchner: Ihre Beziehung im Detail“ erschienen zu sein. Als Quelle war lediglich Euchners Interview im „Blick“ von 2019 angegeben. Offenbar hatte die KI aus der Bildunterschrift des Interviews fälschlich geschlossen, dass Euchner die gesuchte Partnerin sei, so der „Tages-Anzeiger“.
Doch das war nicht der einzige Fehler: Das im Artikel gezeigte Foto zeigte nicht einmal Euchner, sondern die Bloomberg-Journalistin Fabienne Kinzelmann, die damals ebenfalls bei der „Blick“-Gruppe arbeitete.
„Es gibt Analysetools, die prüfen, ob ein Text durch KI verfasst wurde. Im Fall des Lifeswire-Artikels geben sie eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit an, dass dieser maschinell generiert wurde. Der Titel kommt im Text achtzehnmal vor – ein deutlicher Hinweis darauf, dass sogenannte Keywords absichtlich wiederholt werden, damit Google die Seite findet und eine möglichst große Leserschaft erreicht“, berichtet der „Tages-Anzeiger“. „Lifeswire.de“ habe weder ein Impressum noch funktionierende Kontaktmöglichkeiten; E-Mails an die angebliche Redaktion kämen zurück.
KI-Seiten kopieren sich gegenseitig
Noch am selben Tag hätten dutzende weitere KI-Websites den Artikel kopiert. Das führte zu einem Schneeballeffekt: Je öfter sich die KI-Seiten gegenseitig mit der falschen Meldung verlinkt hätten, desto stärker hätten Google und die Chatbots dies als Bestätigung gewertet – denn der Algorithmus interpretiere viele Links als Zeichen von Glaubwürdigkeit, so der „Tages-Anzeiger“. Am Ende nannten auch ChatGPT, Claude, Perplexity, Grok und schließlich sogar Google selbst Euchner als offizielle Partnerin des Rappers.
Euchner wandte sich daraufhin laut ihrem Instagram-Beitrag zunächst an das Bundesamt für Cyberkriminalität. Dieses verwies sie an die Polizei, wo sie hätte Anzeige erstatten können – allerdings gegen jede einzelne Website. „Das sind hunderte von Seiten, und die meisten haben nicht einmal ein Impressum“, so Euchner in einem Instagram-Beitrag. Der „Tages-Anzeiger“ konnte immerhin den Schweizer Maik Möhring ausfindig machen, der mehrere solcher KI-Websites betreibt. Auf einer davon, „fhm-online.de“, stand bis vor Kurzem ebenfalls ein Beitrag über das angebliche Liebesleben von Kontra K und Celina Euchner. Nachdem Möhring auf den Fehler hingewiesen wurde, löschte er die Seite laut „Tages-Anzeiger“ umgehend.
Studie: Die Hälfte von KI-Antworten sind gravierend falsch
Euchners Fall ist nur ein Beispiel dafür, wie Falschmeldungen durch KI-generierte Inhalte entstehen und verbreitet werden. Einer Studie der Europäischen Rundfunkunion zufolge enthalten 45 Prozent der Antworten von KI-Chatbots auf Nachrichtenfragen mindestens einen gravierenden Fehler. Eine frühere BBC-Studie kam sogar auf 51 Prozent.
Inzwischen zeigt das von Google hervorgehobene Snippet bei der Suche nach „Kontra K Freundin“ die korrigierte Information: „Internetseiten, die KI-generierte Nachrichten verbreiten, stellen seit 2025 die falsche Behauptung auf, die Partnerin von Kontra K sei die Schweizer Journalistin Celina Euchner.“
KI ersetzt Euchner einfach durch eine andere Frau
Trotzdem verbreiten KI-basierte Nachrichtenseiten weiterhin Falschinformationen über die vermeintliche Partnerin des Rappers. Wie nun auch „hiphop.de“ berichtet, ist eine solche Seite zum Beispiel „Havelzeitung.de“: In einem auf April 2025 datierten Artikel wird nun eine „Jasmin Riegler“ als Freundin identifiziert. In dem Text wird ausführlich eine – vermutlich erfundene – Beziehungsgeschichte samt Gefühlsleben beschrieben. Riegler wird als Mode- und Fitness-Influencerin mit großem Social-Media-Following vorgestellt. Auf Instagram finden sich mehrere Nutzerinnen mit diesem Namen, die jedoch weder Mode- und Fitness-Influencer, noch mit Kontra K verbunden sind. Offenbar wurde in demselben Artikel, der zuvor Euchner beschrieb, der Name einfach ausgetauscht.
Kontra K, der mit bürgerlichem Namen Maximilian Diehn heißt, ist dreifacher Familienvater. Den Namen seiner tatsächlichen Partnerin hält er geheim.



