Kurz Und Klein


Hier stimmt alles. Merken Sie sich das! Damit’s dann nicht wieder heißt, in dieser Rubrik werden nur die Brösel zusammengekehrt, die beim großen Rezensionsfestmahl unter den Tisch gefallen sind, fangen wir mit einem echten Paukenschlag an: Duran Duran. Ja, die Duran Duran, die schon vor Jahrzehnten ihr Ticket für den New-Romantics-Olymp gelöst haben, sind mit einem neuen Album da. Es heißt Red Carpet Massacre (Sony BMG) und ist voll von gar nicht mal so schlechtem Duran-New-Romantics-Pop-Soul-Zeugs mit ein paar fetten Beats und ein paar hübschen elektronischen Plinker-Plonker-Effekten.

Man muss, glaube ich, Lez Zeppelin vor einem Genderism-Hintergrund rezipieren. Vier Mädchen aus New York, die auf Lez Zeppelin (Emanation/Broken Silence) – produziert von dem Eddie Kramer – die alten Gassenhauer von Led Zeppelin covern und damit das nabelfreie Gepose von Robert Plant und den koksnasigen Machismus von Jimmy Page irgendwie blöd aussehen lassen.

Wo wir gerade bei Coverversionen sind: The Dynamics gefallen sich auf Version Excursions (Groove Attack) darin, Klassiker der älteren bis jüngeren Rock-und-Roll-Geschichte in minimalistischen Reggae-Versionen aufzubereiten. Das ist gar nicht mal so schlecht, was die minimalistische Aufbereitung betrifft. Aber: Wollen wir wirklich „Seven Nation Army“, „Lay Lady Lay“, „Miss You“ und „Whole Lotta Love“ in minimalistischen Reggae-Versionen hören?

Wenn die nicht bald das Ticket für den freaky, schrillen Stereo-Total-Olymp lösen, fress ich eine in Zigarettenkippen eingelegte Duran-Duran-Vorab-CD mit digitalem Wasserzeichen. Phonoboy aus München spielen auf ihrem zweiten Album Pas De Temps (TV Eye Records/Cargo) einen holteredipolternden, hektischen Synthie-Quietsche-Pop mit leichten Störgeräuschen. Und das in drei Sprachen.

Wäre ich mit einem Hang zur Gemeinheit ausgestattet, würde ich schreiben: „Wenn Rantanplan, Deutschlands beste Skapunk-Band ist, möchte ich gar nicht wissen, wie die anderen klingen“. Aber so bin ich nicht. Was die Hamburger, zu deren Gründungsmitgliedern immerhin zwei nicht unwesentliche Kettcar-Musiker zählen, auf ihrem fünften Album 20359 (Hamburg Allstyles Recordings/Indigo) praktizieren ist straightforward Punk-Pop, bei dem sich der Ska-Anteil am Riemen reißt. Außerdem haben sie sich nach dem Hund von Lucky Luke benannt.

Wenn die Schweden Kent sich doch nur nach der gleichnamigen Zigarettenmarke benannt hätten und nicht nach der gleichnamigen englischen Grafschaft, nach der vermutlich auch die gleichnamige Zigarettenmarke benannt wurde, dann fiele diese Besprechung und jede andere Erwähnung ihres Namens unter das Tabakwerbeverbot der Europäischen Gemeinschaft gemäß der EU-Richtlinie 2003/33/EG. Weil das nicht so ist, dürfen wir schreiben, dass Tillbaka Till Samtiden (RCA/Sony BMG) stinklangweiliger Melancholiker-Pop ist, dessen größter Vorteil im vermeintlichen Nachteil besteht, die schwedischen Texte (mutmaßlich über Verlassenwerden, Verlorenheit, Einsamkeit und so) nicht zu verstehen.

Der Berliner Songwriter Boris Klabunde hat unter seinem Nachnamen das Album Pale Blossoms (Solaris Empire/Broken Silence) veröffentlicht. Jetzt möchten wir nicht gleich mit dem Nick-Drake-Fähnchen winken, aber dann doch irgendwie schon. Folkiger Filigran-Pop, wunderbar arrangiert mit Streichern und allem, was das akustische Instrumentarium hergibt. Wir stellen Klabunde unter Beobachtung.

Freilich kann es toll sein, wenn Musiker in einem Akt der künstlerischen Selbstinszenierung auf irre freaky, saucool oder komplett kaputt machen, und ihre Fans damit zur Nachahmung animieren. Manchmal tut’s aber auch richtig gut, wenn Musik nicht mehr ist als Musik. So wie bei der Berliner Band Polaroid Liquide und ihrem Albumdebüt Polaroid Liquide (Tumbleweed Records/Broken Silence). Das ist ein ausgeklügelter Entwurf von Postrock, in dem sich die ein oder andere noisige Fiesheit hineinmogelt.

Es gibt Leute (u.a. der ehemalige MTV-Moderator Ray Cokes), die behaupten – sinngemäß – Reggae aus Deutschland, das wäre wie Gstanzl aus der Dominikanischen Republik. Denen widersprechen wir hiermit heftig, falls diese Leute damit Zoe meinen. Die Müncherin darf das (wg. afrikanischer Wurzeln). Außerdem ist Golden Rebellion (Homeground/Groove Attack), Zoes drittes Album, ein hübsch relaxtes und souliges Stück Roots-Reggae. Hören Sie „Like Crazy“, featuring Anthony B, das ist ein richtiger Hit, und freuen Sie sich wie verrückt..

Den seit ein paar Kurzkritiken in der Luft liegenden Vorwurf der Schwedenfeindlichkeit weisen wir zwar auf das Schärfste zurück, wenden uns aber mit Begeisterung der Indenbodenstampfung der nächsten schwedischen Band zu. When It’s Over I’ll Come Back Again (Bonnier Amigo/Soulfood) heißt das Debütalbum von Molotov Jive. Die lassen kein noch so ranziges Indie-Rock-Klischee aus, recycelte Mando Diao, circa Bring Em In, und laden das Ganze noch mit einer Überdosis schleimigen Pathos-Pomp auf. Wenn so der „Sound Of Young Sweden“ klingt, möchte ich nicht wissen, wie…

Jetzt bitte was von Ipecac. Danke. Die drei New Yorker HipHopperinnen Northern State haben ihr drittes Album Can I Keep This Pen? (Ipecac/Southern/Soulfood) auf Mike Pattons Label veröffentlicht. Rockpoppender Oldschool-Hip-Hop ohne Goldkettchen. Wenn das HipHop ist, möchte ich mich wieder für HipHop interessieren. Oder hat das neulich Sawatzki schon geschrieben?

Gestern dem Kollegen Rehm einen Rezensionsauftrag erteilt, so last-minute-mäßig: Man With A Dog (Day-Glo Records/PIAS/Rough Trade). Kommt folgende digitale, fernschriftliche Mitteilung zurück: „Das unverständlicherweise zu meinen Händen geschickte Album des Kölner Rocksängers Fram Kasper (bereits sein fpnftes, nur sechs Jahre nach seinem The Free-Wheeling [!!! {sprich: chk chk chk}] benannten Debüt erschienen) ist meines Erachtens mit folgendem Zitat aus dem Waschzettel bereits perfekt beschrieben, so dass eine Rezension meinerseits eigentlich unnötig sein dürfte: ‚Mit einer wundersam gelungenen Mischung aus Singer/Songwriter-Rock, erdigem Folk und staubtrockenem Funk macht das neue Album eines klar: hier stimmt alles.“‚