Led Zeppelin – Rückzug ins Kino


Nicht nur in Deutschland warten zahlreiche Zeppelin-Enthusiasten nun schon seit Jahren unverdrossen darauf, ihre Idole wieder einmal auf der Bühne zu erleben. Sie müßten wahrscheinlich noch sehr lange warten, wenn die cleveren Großverdiener von der Rockfront nicht doch noch einen Ausweg gefunden hätten: Die Leinwand. Ein Film mit Konzertaufnahmen und - wie berichtet - ein Live-Soundtrack kamen jetzt in Deutschland heraus. Led Zeppelin ließ unter der Herstellungsleitung von Manager Peter Grant drei Monster-Konzerte im New Yorker Madison Square Garden aufnehmen - allerdings schon im Jahre 1973.

Über drei Jahre brauchten die LZ – Produktionsgesellschaft Swan Song Inc. und der Filmverleih Warner Bros., um den mehr als zweistündigen Rockstreifen „The Song Remains The Same“ fürs Kino fertigzustellen. Es wurde mehr als eine Led-Zeppelin-Show auf Zelluloid. Robert Plant, Jimmy Page, John Paul Jones, John Bonhain und ihr Manager Peter Grant wollten auch zeigen, was bei einem Konzert in ihren Köpfen und auch sonst so vor sich geht. Was dabei auf der Leinwand erschien, soll sie selbst erstaunt haben.

Der im Showgeschäft gefürchtete Peter Grant macht gleich zu Anfang deutlich, was er zu sagen hat. Er spielt den allgewaltigen Gangster-Boß und läßt seine Gegenspieler erbarmungslos niedermachen.

Während Grant genießerisch mitansieht, wie seine Bodyguard die gegnerische Band mit Dutzenden von Kugeln aus ihren Maschinenpistolen durchsiebt, streift sein Schützling Robert Plant Hunderte von Kilometern weiter durch die schier unübersehbaren Ländereien seines Anwesens auf den Jersey-Inseln und schaut mit Ehefrau Maureen an einem idyllischen Bach seinen spielenden Kindern zu. Da kommt das Telegramm: Frische Tourneedaten!

Vorsicht Kamera

Die Gruppe trifft in einem Superjet auf dem New Yorker Airport ein. Schwarze Limousinen standesgemäß an der Gangway. Während über der Millionenstadt die Sonne untergeht, rast die Wagenkolonne mit Polizei-Eskorte und Sirenengeheul auf dem Seitenstreifen des überfüllten Highway in Richtung Innenstadt – in der Riesenhalle warten schon die Fans.

Wenige Minuten später ist die Hölle los – Led Zeppelin steht auf der Bühne. Es sind immer noch dieselben alten Songs, aber immerhin strengen sich Robert Plant, Jimmy Page, John Paul Jones und John Bonham mächtig an.Schließlich weiß jeder, die Kameras und Tonbänder laufen mit! So kommt es, daß die Zeppelin-Fans im Kino wenigstens mehr sehen und besseres zu hören kriegen als bei den Auftritten der Hardrocker sonst üblich ist.

Interessante Kameraeinstellungen und optische Effekte untermalen den gewaltigen Eindruck des lautstarken und nervenden Rock-Happenings, schläfern als psychedelische Dauerberieselung jedoch auf Dauer ein.

Neues von Ritter Plant

Immer wieder werden Szenen aus dem Privatleben und naive Phantasiebilder der vier Musiker eingeschoben.

Robert Plant, der in seiner romantischen Art schon seit seiner Kindheit von den sagenumwobenen Tagen des König Arthur schwärmt, treibt in einem Boot übers Meer und landet im Mittelalter. Eine Schönheit zu Pferd überreicht ihm ein Schwert, und er tritt damit den Kampf gegen das Unrecht an. Ritter Plant durchstreift das Land. In einer finsteren Burg trifft er endlich auf die bösen Schergen und rettet nach allerlei tapferem Einsatz mit dem Schwert eine zuckersüße Jungfer mit dem Antlitz eines Rauschgoldengels.

Während der Keyboard-Passage bei „No Quarter“ wechselt plötzlich wieder die Szenerie und John Paul Jones bedient, angetan mit einem Rüschenhemd, die Tastaturen einer großen Pfeifenorgel und reitet später mit gespenstischer Maske über einen Friedhof bis hin zu seinem Haus. Und Jimmy Page schließlich besteigt bei der 27-minütigen Live-Version von „Dazed And Confused“ in einer Vollmondnacht einen Berg und steht dort einem bärtigen Alten in einer Kutte gegenüber. Der Greis fährt mit der Hand durch die Luft und beschreibt einen Bogen mystischer Lichtstreifen. Dabei verwandeln sich die Gesichtszüge des Alten, die Falten glätten sich, der Bart wird kürzer – und plötzlich erkennt Jimmy Page darin niemand anders als sich selbst. Der Geigenbogen vollendet den Kreis. Mein Gott, Jimmy.

Lauter geht’s nicht

John Bonham, der ungehobelte Naturbursche, Säufer und , Autonarr, sorgt für ein realistisches Zwischenspiel. Zu seinem Schlagzeugsolo bei „Moby Dick“ laufen eine ganze Reihe von Filmausschnitten aus seinem Privatleben. Bonham hat eine Farm in Werchestershire und übt sich dort in Ackerbau und Viehzucht. Er fährt mit dem Traktor übers Feld und stellt seinen Zuchtbullen vor. Dann zeigt er seine handwerklichen Fähigkeiten als Maurer und Schreiner. Und dann sein Motorsport: John auf dem Motorrad, John mit seinem kompletten Wagenpark, darunter ein Ford Baujahr 1923, und John in einem Rennwagen, spitz wie eine Rakete: Zu einem rasenden Trommelwirbel saust er mit ein paar hundert Stundenkilometern über die Asphaltpiste und wird schließlich von einem Fallschirm gebremst. Schneller geht’s nicht. Lauter auch nicht.