Lollapalooza-Gründer Perry Farrell im Interview: „Ich liebe Berlins Subkultur“


Im Interview spricht der Lollapalooza-Erfinder Perry Farrell über seine Sozialisation mit Blixa Bargeld, neue Veranstaltungskonzepte und internationalen Austausch.

Während Perry Farrell das Lollapalooza im Jahr 1991 noch als eintägige Veranstaltung durch Amerika touren ließ, hat das Festival mittlerweile Standorte in Chicago, Brasilien, Argentinien und seit vergangenem Jahr bekanntlich auch in Berlin. Für die zweite Ausgabe des Berliner Lollapalooza im Treptower Park ist Festivalgründer (und Gründungsmitglied der Band Jane’s Addiction) Perry Farrell aus den Staaten eingereist.

In Berlin ist Farrell die EDM-Bühne „Perry’s Stage“ gewidmet. Zum Interview sitzt der ehemalige Sänger von Jane’s Addiction zwischen Pressekonferenz und Radiohead-Auftritt in seinem Backstage-Raum und spricht über den Erfolg des Festivals in Deutschland, die Berliner Subkultur der 80er-Jahre und neue Visionen.

Musikexpress: Lollapalooza ist das erste Festival mit 70.000 Besuchern in Berlin. Warum kommt Dein Konzept so gut beim deutschen Publikum an?

Perry Farrell: Mir wurde gesagt, dass ein Lollapalooza in Berlin höchstens 20.000 Besucher anziehen würde. Ich wollte das nicht glauben, nicht aus Ignoranz, sondern weil ich glaube, dass die Berliner zu künstlerisch und zu partytauglich sind, um dieses Festival zu verpassen. Ich kenne sie aus Büchern und Filmen. Ich habe den Film „B-Movie“ gesehen, Bernard Sumner (New Order) hat mir über Mark Reeder erzählt, der mir die Stadt zeigen soll.

Du bist großer Fan einer bestimmten deutschen Band.

Bevor ich Jane’s Addiction gegründet habe, habe ich im Jahr 1981 mit Freunden Parties in Silver Lake in Los Angeles veranstaltet. Wir haben Kids in die Wüste gefahren und handgemalte Mappen verteilt. Eine der ersten Bands, die für uns auftraten, waren Einstürzende Neubauten. Unsere Veranstaltungsreihe hieß Desolation Center. Ich habe also mein Erwachsenenleben mit der Musik und Denkweise von Blixa Bargeld und den Einstürzenden Neubauten begonnen. Auch wenn es nach einem Interview hieß, dass ich elektronische Musik nicht mag, liebe ich Musik, die von Herzen kommt. Musik mit Intelligenz, die mir etwas beibringt. Ich fühlte mich so gut, Blixa zu sehen. Blixa und Einstürzende Neubauten war genau mein Stil, auch wenn es sehr „industrial“ war. Es muss nicht so roh sein, aber mir gefällt das. Was mir nicht gefällt, sind Popstars, die Musik machen, nur um eine Sensation zu werden.

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Gibt es Pläne, die Punk- und Industrial-Szene Berlins auf dem Lollapalooza zu repräsentieren?

Ich würde es lieben! Ich habe Bernard Sumner meine Nummer gegeben, damit ich mir mit Mark Reeder Radiohead anschauen kann. Ich bin eine vielbeschäftigte Person, aber wenn man mir eine Idee nahebringt, bin ich bereit, sie mir anzuhören. Lollapalooza ist so groß und weitläufig geworden. Ich habe ein neues Projekt, das meinen Visionen entspricht.

Und zwar?

Ich plane einen Komplex in Las Vegas, in dem Künstler Musik aufnehmen, filmen und vor einem kleinen Publikum auftreten können, bevor sie vor ein großes Festival-Publikum treten können. Es geht darum, dem sechsmonatigen Veröffentlichungs- und Marketingrhythmus der Musikindustrie zu entkommen. Jeder, der dort arbeitet, soll ein Hologramm bekommen. Was die Jukebox einst war, wird nun das Hologramm.

Lollapalooza-Gründer Perry Farell in Berlin
Lollapalooza-Gründer Perry Farrell in Berlin

Gab es einen deutschen Künstler, den Du Dir auf dem Festival angeguckt hast?

Ich habe den gesamten ersten Tag verpasst, weil meine Frau ihr Gepäck verloren hat. Wir haben sogar den letzten Act New Order verpasst, weil die Straßen so voll waren und ich ihr die Tür an den Fuß geschlagen habe.

Perrys Manager: Unsere Idee vom Lollapalooza ist auch, internationalen Austausch zu stiften. In diesem Jahr hat beispielsweise der deutsche Act Zedd in Südamerika gespielt.

Perry: Es sind nicht nur die Festivals, alles wird international. So wird Fortschritt geschaffen.

lz Musikexpress