Interview

Wie dieser Instagram-Star es in die „Wendy“ schaffte – Malte Zierden im Gespräch


Auf Instagram fiebern über 260.000 Leute darauf hin, dass ein erwachsener Mann es in in die Pferdezeitschrift „Wendy“ schafft. Eigentlich aber macht er lieber Indie-Mukke unter dem Namen „float.“. Ein Gespräch mit Fynn Kliemanns Buddy und Ex-Hurricane-Dean-Gitarrist Malte Zierden.

Malte Zierden zu erklären, ist nicht leicht. Besonders Leuten, die den Namen noch nie gehört haben. „Also, er hatte diese Zahn-OP, und dann hängt er manchmal im Kliemannsland ab und er hat diese Katze namens Knoppas, aber eigentlich heißt sie Norbert.“ Achja, und aktuell ist er in der „Wendy“. Verwirrt, amüsiert? Für seine Follower*innen ist das alles ein Begriff. Und sie wissen natürlich, dass es keine „Zahn-OP“ war, sondern eine Gaumennahterweiterung. Diese hielt Zierden im Sommer 2019 aus Langeweile für seine Instagram-Abonnent*innen fest. Nicht wissend, dass ihm aufgrund der äußerst unappetitlichen Bilder ab Juli 2019 etwa 40.000 Leute mehr folgen würden. Und dass es im Jahr 2020 eine Viertel Million Follower*innen sein würden.

Im Gespräch mit Fynn Kliemann: „Ich will auf diese Reise so viele Leute mitnehmen wie möglich“

Sein Profil interessiert aber nicht allein, um Schaulustigen weiter zu veranschaulichen, auf welch gruselige Art Zierdens Kiefer malträtiert wird. Der Ostfriese unterhält mit simplen, aber geschickt gefilmten Handyvideos, in denen er Zug-Gespräche zum Fremdschämen einfängt. Mit Telefonaten seiner Mutter, die man wohl nur als ‚hart, aber herzlich‘ bezeichnen kann (zum „Wendy“-Erfolg gratuliert sie mit den Worten: „Joah, das bringt ja kein Geld.“) und natürlich mit dem Internetklassiker: Katzenvideos. Der dreibeinige Kater Norbert ist ein Zierden-Publikums-Liebling.

In dem Zeitalter, in dem wir uns befinden, könnte man mit einer Reichweite wie Zierden sie hat finanziell ausgesorgt haben. Die TV- und Werbe-Anfragen, die er aufgrund seiner Gaumen-OP-Videos bekommt, lehnt er ab. Im Instagram-Geschäft sieht er sich nämlich nicht, sondern eher zurück auf der Bühne. Was die meisten seiner Follower*innen wohl nicht wissen: Malte Zierden spielte und tourte bereits mit seiner Band Hurricane Dean durch Deutschland und Europa, unter anderem als Support für Billy Talent und Alicia Keys – und neue Musik ist bereits in Planung. Ob er damit das Erbe seines Kumpels Fynn Kliemann, dessen Album POP mit Deutschrap, Liebe zum Detail und Chartspitzenerfolgen überraschte, antreten könnte?

Wir haben mit dem Anti-Influencer über Social-Media-Popularität, Musik, Verantwortung, sein „Wendy“-Feature und eine etwaige Zusammenarbeit mit Kliemann gesprochen.

Musikexpress.de: Malte, warum war es so schwer in die „Wendy“ zu kommen?

Malte Zierden: Ich glaube, die Redaktion hatte mich nicht gesondert auf dem Schirm. Es kommt jeder in die „Wendy“, der eine Pferdegeschichte zu erzählen hat. Da gibt es also sehr viele Anfragen und ich musste mich in der Reihe anstellen.

https://www.instagram.com/p/CFkSukgCJb0/

Neben Dir stehen da wahrscheinlich eher echte „Pferdemädchen“.

Ja und ich glaube, die „Wendy“-Redaktion denkt auch, dass ich mich als Pferdejungen sehe – was ich aber auch ein bisschen bin.

Was war die Motivation dahinter? Wolltest Du Dich als, Achtung, Trojanisches Pferd über die Zeitschrift lustig machen?

Nein. Ich fand nur die Ironie so lustig, dass ein erwachsener Mann versucht in die „Wendy“ zu kommen. Das war eine ganz spontane Idee, ich saß am Bahnhof und habe diese E-Mail verfasst. Ich hatte „ßamma“, so heißt das von mir betreute Pferd, erst vor ein paar Wochen kennengelernt und wir harmonierten so gut, dass ich spontan dachte, ich versuche mal in die „Wendy“ reinzukommen. Das hatte keinen langen Gedankengang.

Du warst also kein heimlicher „Wendy“-Liebhaber und hast Dir einen Kindheitstraum erfüllt?

Nein, die Ausgabe mit mir war meine allererste „Wendy“, die ich mir gekauft habe. Ich war früher eigentlich so der Junge-Junge, wie man sich das vorstellt. Aber ich fand‘s irgendwie cool.

Hat was von einer „Creative Disruption“. Das ist so ein Begriff aus dem Marketing, der das Umkippen von Konventionen bedeutet.

Ich verstehe auch nicht den Spirit dahinter, warum alle sich die „Wendy“ kaufen und alle so mitgefiebert haben, weil es doch nur eine Seite in einem Pferdemagazin für Kinder ist. Aber das ist vielleicht der Kontrast und das Witzige. 

Du meinst Deine Follower?

Ja, aber auch meine Familie, meine Schwester und deren Freundinnen. Ich stelle mir vor, wie erwachsene Menschen in einen Zeitschriftenladen gehen und danach fragen, ob sie dieses Kindermagazin haben. Das finde ich lustig und stumpf.

Wäre spannend zu wissen, ob diese Ausgabe sich jetzt überdurchschnittlich gut verkauft.

Das interessiert mich total. Ich habe schon einige Nachrichten bekommen von Leuten, die ihre Nichten und Neffen mitnehmen und vorschicken. Oder behaupten, sie kaufen das für irgendwelche Kinder in der Familie. Es ist wohl eine leicht unangenehme Situation, eine „Wendy“ mit Ernsthaftigkeit zu kaufen. Ich wollte ja aber eigentlich direkt auf die Titelseite oder auf ein Poster – es war ein Kampf.

Apropos Kampf: Du hast ja ein Tierheim in Griechenland gebaut.

Das ist ein Projekt von mehreren Leuten. Wir haben Geld gesammelt und fangen jetzt mit der Planung des Baus an.