Mille Petrozza – „ICH KANN KINDERN DOCH NICHT DEN UNTERSCHIED ZWISCHEN CANNIBAL CORPSE UND NICKELBACK ERKLÄREN“


Jedes dieser Bilder erzählt eine Geschichte. Nur welche? Wir haben nachgefragt. Diesmal: MILLE PETROZZA

1 DAS BANDLOGO

Der Schriftzug Kreators entstand bereits 1985, als sie ihren alten Namen Tormentor ablegten.

Anfangs schrieb man Kreator noch mit „C“. Wir dachten uns dann aber, es sähe mit einem „K“ besser aus, geheimnisvoller: Als 1985 unser erstes Album, Endless Pain, herauskam, erklärte mir mein ehemaliger Geschichtslehrer, in der isländischen Heldenschrift Edda gäbe es einen Dämon namens Kreator – was aber nicht stimmte. Das Logo haben wir damals selbst entworfen und anschließend dem Künstler Phil Lawvere zur Realisierung gegeben. Es ist sehr „Metal“, ein Trademark. Wir waren mal bei einer Plattenfirma unter Vertrag, die wollte es für ein Album abändern, aber dagegen habe ich mich erfolgreich gesträubt. Es ist ein bisschen angelehnt an das Logo von Iron Maiden.

2 DARIO ARGENTO

Der italienische Regisseur hat mit Filmen wie „Suspiria“ besonders in den 70er-Jahren das Horror-Genre mitgeprägt.

Ein guter Mann. Ich habe ihn noch 2010 beim Weekend of Horror in Bottrop gesehen. Für mich ist er einer der größten Regisseure, die es gibt. Er hat meine Jugend mitgeprägt und einige meiner Lieblingsfilme gedreht. Die italienische Kinolandschaft in den 60ern und 70ern war vergleichbar mit Hollywood. Filme wurden wie am laufenden Band produziert. Nicht nur Horror, sondern auch Western und Komödien.

Was genau begeistert dich an den alten Horror-Filmen aus der Zeit?

Die italienische Herangehensweise ist sehr extrem. Regeln sucht man dort vergebens. Das finde ich großartig. Die Filme sind von einer bizarren Düsternis durchdrungen, die es nirgendwo sonst gibt. Werke wie die von Pier Paolo Pasolini sind an bizarren Auswüchsen nicht zu überbieten, das sind die extremsten Streifen, die es je gab – auch wenn das natürlich kein Qualitätsmerkmal ist. Die Italiener haben einfach eine eigene Handschrift.

3 THEES UHLMANN

Kreator arbeiteten zusammen mit dem Tomte-Gründungsmitglied aus Hamburg und Muff-Potter-Sänger Nagel an einem Cover für das Tribute-Album zur Band Slime.

Thees und ich treffen uns viel zu selten. Jedes Mal, wenn ich in Berlin bin, verpassen wir uns. Letztens hat er sogar in Essen gespielt – also direkt vor meiner Haustür, und ich konnte auch dort leider nicht hin. Schade, wir haben schon viele lustige Abende zusammen verbracht.

Wie kam es zur Zusammenarbeit für das Slime-Tribute?

Als wir unser letztes Album, Hordes Of Chaos, aufnahmen, hatten wir noch etwas Studiozeit übrig und versuchten uns an einer Coverversion von „Alle gegen alle“. Nagel von Muff Potter war dabei, Moses Schneider produzierte. Nagel und ich sangen die Vocals ein, und Thees kümmerte sich um die Backing-Vocals. Thees ist für mich aus der neueren Generation deutschsprachiger Künstler einer der wichtigsten. Er schreibt sehr gute Texte, sehr eigenständig. Ich freue mich für ihn, dass es gerade so super läuft.

4 MARVEL COMICS

Der Comic-Verlag ist Heimat von einigen der bekanntesten Superhelden, wie „Hulk“, „Captain America“ oder „Spider-Man“. Gerade von Letzterem ist Mille sehr begeistert.

Mir waren die ganzen DC-Helden wie Superman oder Batman immer zu unrealistisch. Batman war Millionär. Bin ich selbst nie gewesen. Peter Parker hingegen war ein totaler Loser, damit konnte ich mich identifizieren. Ein Student, der Fotos für den „Daily Bugle“ schießen musste, um Geld zu verdienen.

Freust du dich auf den neuen Film „The Amazing Spider-Man“?

Ja! Meiner Meinung nach sind die Spider-Man-Filme mit Tobey Maguire zwar ok, aber chronologisch völlig durcheinander. Die Neuverfilmung wird die Geschichte endlich richtig erzählen. Es ist eine Unart vieler amerikanischer Regisseure, Comic-Verfilmungen einfach zu halten. Sie sagen den Leuten, dass sie die Zusammenhänge sonst nicht verstehen, aber so schwierig ist es nicht. Im „Amazing“-Film wird man das sehen. Ich bin da aber auch wirklich ein totaler Nerd.

5 MOSES SCHNEIDER

Der Produzent aus Berlin, der schon für Bands wie Kettcar, Tocotronic oder die Beatsteaks hinter den Reglern saß, zeichnete für den Sound des Vorgängeralbums Hordes Of Chaos (2009) verantwortlich.

Moses ist für mich DER deutsche Produzent. Er ist ein unglaublicher Typ. Wenn man mit ihm zusammenarbeitet, erkennt man Dinge an sich, von denen man vorher noch gar nicht wusste, dass sie vorhanden sind. Es ist sehr schwer zu definieren, was er genau mit einer Band anstellt, damit sie hinterher so einzigartig klingt. Er bringt sie an einen Punkt, wo sie sich auf ihre Wurzeln besinnt. Dadurch entsteht dann wieder etwas sehr Modernes. Er ist so ein richtiger Soundtüftler, und hat in den legendären Hansa-Tonstudios gelernt. Moses ist so ein Typ, über den man überhaupt nichts Negatives sagen kann. Er ist einfach ein unglaublich netter Mensch und ein super Zeitgenosse.

6 KINDERKANAL

2004 wurde Mille im Rahmen einer Musikwoche in den öffentlich-rechtlichen Kindersender KiKa eingeladen, um über Metal zu sprechen.

Ich bekomme zwei Arten von Reaktionen auf meinen KiKa-Auftritt. Die einen finden ihn putzig bis super. Dann gibt es aber auch die anonyme Fraktion im Internet, die sagt: „Der hat ja gar keine Ahnung, Limp Bizkit ist doch gar nicht Metal.“ Da frage ich mich immer, wie die auf so was kommen. Hey, das ist KiKa, ich kann Kindern doch nicht den genauen Unterschied zwischen Cannibal Corpse und Nickelback erklären. Die Sendung dauerte maximal eine halbe Stunde, und deshalb haben der Moderator und ich uns echt Mühe gegeben, das Thema kindgerecht aufzuarbeiten. Ich habe nicht eine Sekunde gezögert, als der Sender mich fragte, ob ich dort als Experte auftreten könnte. Kann sein, dass die Kinder später mal denken: „Damals war doch dieser komische Langhaarige da, ich könnte doch auch mal Metal hören, so schlimm kann das doch gar nicht sein.“ Ich habe an dem Tag eine ganze Menge gelernt. Als ich dort im Studio war, wurde mir erst klar, dass Kinder die tolerantesten Menschen überhaupt sind.

7 PHILLIP BOA

Der deutsche Songwriter startete Anfang der 90er zusammen mit Mille und einigen anderen Musikern das Metalprojekt Voodoocult und veröffentlichte unter dem Namen zwei Alben.

Er ist auf jeden Fall ein Visionär, einer der größten im deutschen Pop. Er hat total viel für die deutsche Musik geleistet, ohne dass es so wirklich bemerkt wurde. Er lässt sich nicht reinreden und zieht sein eigenes Ding durch. Ich bin sehr froh, dass er auf seinem letzten Album, Diamonds Fall, wieder mit Pia Lund zusammengearbeitet hat. Phillip und ich haben uns bestimmt seit 1994 nicht mehr gesehen. Nachdem wir damals das Album aufgenommen hatten, besuchte er uns noch einmal bei einem Konzert in Los Angeles. Ich sollte mich wirklich mal wieder mit ihm treffen, Freundschaften muss man auch pflegen.

8 SIGNATURE MODEL „KREATOR“

Mille ist seit vielen Jahren treuer Kunde des Gitarren-Herstellers Jackson aus Arizona. Jetzt wurde er mit seinem eigenen Signature Model belohnt.

Ich bin der Meinung, dass die Jackson für die Art von Musik, die ich spiele, die bequemste und beste Gitarre ist. Sie fühlt sich wie ein Teil meines Körpers an. Ich habe noch nie eine Gitarre gefunden, die man so gut und mühelos in jeder möglichen Situation spielen kann. Egal wie groß der Club ist, egal welche Temperaturen herrschen, sie bleibt immer in Stimmung. Selbst nach einem 20-Stunden-Flug. Mein Signature Model basiert auf der Jackson King V und wurde von mir verfeinert. Sie ist jetzt so, wie ich meine Gitarre immer umgebaut habe, außerdem sehr benutzerfreundlich und bestens für Anfänger geeignet.