Musiker*innen erhalten nur 12 Prozent der Einnahmen der Musikindustrie


Damit ist der Anteil sogar noch angestiegen. Das fand die Studie „Putting the Band back together“ jetzt heraus – und benennt auch, wer am meisten profitiert.

Es sind natürlich keine Erkenntnisse, von denen wir noch nie gehört haben: die Musikindustrie verändert sich. Konsument*innen investieren heute eher in ein Streaming-Abo, als physische Tonträger zu kaufen. Der Trend geht, wie  in vielen anderen Lebensbereichen, vom Besitzen-wollen hin zum Ausleihen. Für Künstler*innen heißt das, dass sich ihre Haupteinnahmequelle von den Musikverkäufen hin zum Live-Geschäft verschiebt. Die Folge: ein boomender Konzertmarkt und ein rasanter Anstieg von Festivals.

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Trotzdem liefert die Studie „Putting the Band back together – Remastering the World of Music“ des US-amerikanischen Finanzdienstleisters Citigroup einige spannende Erkenntnisse. Zum Beispiel, dass die Gesamtumsätze der Musikindustrie in den USA 2017 bei 43 Milliarden US-Dollar lagen und damit genauso hoch waren wie zuletzt 2006 – dem absoluten Peak überhaupt. Verändert hat sich dabei allerdings die Zusammensetzung der Einnahmen.

Das Internet war schlecht, das Smartphone gut für die Musikindustrie

Die Studie teilt die Entwicklungen der letzten knapp 35 Jahre dabei in drei Phasen ein: Prä-Internet (1984 bis 2000), Prä-Smartphone (2000 bis 2009) und Post-Smartphone (2009 bis heute). Stiegen demnach die physischen Tonträgerverkäufe in der Prä-Internet-Ära konstant und dabei ziemlich steil an, kam mit der massenhaften Verbreitung des Internets der große Einbruch. Der ging interessanterweise aber ziemlich direkt mit einem Anstieg der Einnahmen für Konzerte einher, der um 2013 sogar zum ersten Mal über den verkauften Tonträgern lag. In diesem Zeitraum ist auch generell ein starker Anstieg der Konsumentenausgaben zu erkennen – wenn man die Ausgaben für Konzerte, physische Tonträger und Streaming-Abos zusammenrechnet.

Mit 20 Milliarden US-Dollar pro Jahre geben Musikkonsument*innen (in den USA) also heute so viel für Musik aus wie nie zuvor – was die oft beklagte Annahme, niemand würde mehr für Musik bezahlen wollen, widerlegt. Etwas vereinfacht schlussfolgern die Macher*innen der Studie: das Internet war schlecht für die Musikindustrie, das Smartphone war gut für die Musikindustrie. Das sind doch eigentlich gute Neuigkeiten, könnte man denken. Wäre die Musikindustrie selbst nicht in ihrem starren Korsett gefangen – was am Ende natürlich zulasten der Künstler*innen geht.

Ein kleines Stück vom großen Kuchen

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Denn obwohl sich das Verhalten der Nutzer*innen durch die technischen Entwicklungen rasant verändert hat, hängt die Industrie immer noch an ihren althergebrachten Strukturen aus Labels, Distributoren und Konzertpromotern. Und die fordern einen gehörigen Anteil am Kuchen ein. 2017 erhielten Künstler*innen gerade mal 12 Prozent der Gesamteinnahmen der Musikindustrie. Dieser winzige Anteil an der Wertschöpfungskette, für die sie schließlich hauptverantwortlich sind, war damit 2017 sogar noch fast doppelt so hoch wie 2000 – damals erhielten Künstler gerade mal 7 Prozent der Einnahmen. Zu erklären ist der Anstieg mit dem wachsenden Live-Geschäft, an dem die Labels, anders als etwa bei Streaming-Services, kaum finanziell beteiligt werden.

Als Zukunftsmodell der Industrie, durch das die Künstler*innen fairer beteiligt werden könnten, schlagen die Macher*innen der Studie drei mögliche Wege vor: vertikale Integration bestehender Unternehmen (zum Beispiel die Verschmelzung von Konzertveranstaltern mit Vertriebsplattformen wie Spotify), horizontale Integration (die Fusion verschiedener Vertriebsplattformen) und „organisch“ vertikale Integration (die Integration von Vertriebsfirmen wie Spotify in klassische Plattenlabels).

Auch wenn die Studie manchmal vom Ton her etwas an die „Sendung mit der Maus“ erinnert (tolle Stelle etwa in der Einführung: „Musiker machen gerne Musik. Sie verdienen auch gerne Geld. Verbraucher hören gerne Musik. Und viele sind bereit, dafür zu zahlen.“) schafft sie es trockene Statistiken und komplexe Zusammenhänge gut verständlich herunter zu brechen.