Neue Singles


Drei gar nicht so fromme Wünsche für den weihnachtlichen Gabentisch hat der Engländer Ian Dury: „Sex, Drug* & Rock & Roll“ (Stiff 6.12197). Er nuschelt sie in coolem Sprechgesang, so als hätte er eine Kippe im Lästermaul. Noch relaxter ist die B-Seite („Razzia In My Pocket“). Lästerliche Reden führen auch die Mitglieder der Tom Robinson Band: eine Kampagne für mehr Toleranz gegenüber Homosexuellen hat sie in England rasch in die Schlagzeilen gebracht. Sowas zahlt sich aus. Ihre Single „2-4-6-8 Motorway“ (EMI 006-06570) war im Handumdrehen Nr. 1 der Inselcharts. Eine fetzende, ziemlich kommerzielle Rocknummer, die noch kein abschließendes Urteil über die musikalische Potenz der Robinsons zuläßt. Warten wir die LP ab!

Drei ihrer stärksten Stücke hat Blondie jetzt aus ihrem Debütalbum ausgekoppelt: „Rip Her To Shreads“/“ln The Flesh“/“X Of fender“ (Chrysalis CHS 2180). Womit wir gleich zu unserer Single des Monats kommen können. Eine der edelsten Leichen aus dem Hause Stiff ist Elvis Costello, und sein „Watching The Detectives“ (6.12193) geht gleichermaßen in den Kopf, in die Füße und unter die Haut. Über einen satten Reggae-Rhythmus packt Elvis II so ziemlich alles, was die Popmusik der Siebziger an Gutem zu bieten hat. Rock’n’Roll-orientiert ist die B-Seite („Blamo It On Me’/“Mystery Dance“). Und weil wir schon mal dabei sind, gleich weiter mit Stiff-Novitäten. Wreckless Eric singt mit einer Stimme, die sich anhört, als ertönte sie direkt aus der Familiengruft. Kein Wunder, daß seine Mutter ihn auf Platte mit den Worten tröstet: „Es gibt bestimmt ein Mädchen für Dich, aber vielleicht lebt es auf Tahiti“ („Whole Wide World“ / „Semaphore Signals“, 6.12195). Fleißig geübt haben die Damned inzwischen. Ihre „Problem Child“ (Stiff 6.12196) jedenfalls ist wohl das eingängigste, was sie bislang auf die Reihe bekommen haben. Aber keine Bange: sie sorgen immer noch für jede Menge Power und haben auch in den Texten nicht vergessen, was mit 15, 16, 17 Jahren ailes so wichtig ist. Daß die vier Verdammten früher mal kräftig auf die Who ausgeflippt sind, läßt sich übrigens auch nicht überhören. Und noch ein Mann, der singt, als hätte er mit Eiern gegurgelt: Nick Löwe, „Halfway To Paradise“ (6.12194). Da lacht der Schalk aus jeder Rille, auch wenn feine Fernweh-Balladen angesagt sind.

Außerdem erschienen: „Mull Of Kintyre“ von Wings (Capitol 006-60154). Da wollte unser Paule wohl ein neues Volkslied für seine Wahlheimat Schottland schreiben. Um haut’s einen nicht. Aber tröstlicherweise ist „Girls Schools“ auf der Rückseite ein paar Takte flotter angelegt.