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Hätte die alte Hippie-Weiseheit „Trau keinem über 30“ auch heute noch Gültigkeit, bekämen wir bald ernste Probleme. Mit der vorliegenden 400. Ausgabe feiert nämlich der Musikexpress sein 20jöhriges Jubiläum; addiert man die Ausgaben des holländischen „Muziek-Express“ hinzu, darf sogar schon Silber-Hochzeit gefeiert werden.

I Auf dem Höhepunkt der Beatlemania kam der holländische Konzertveranstalter Paul Acket auf die zündende Idee, mit einer Musikzeitschrift seine Veranstaltungen kostenlos zu bewerben. Der Mu-.zieh Express, damals noch 14-tägig, erwies sich als ein derart durchschlagender Erfolg, daß die Zeitschrift nach Deutschland exportiert wurde. 1969 bezog die Redaktion ihre Büros in der Kölner Südstadt — wie der Zufall es wollte, nur wenige Schritte vom „Sounds“-Hauptquartier entfernt.

¿ Der Journalist Rainer Blome hatte 1967 mit Sounds eine Zeitschrift ins Leben gerufen, die mit Popmusik zunächst wenig am Hut hatte. Um der geplanten Zeitung mit einer Finanzspritze auf die Beine zu helfen, hatten Free-Jazzer wie Peter Brötzmann und Manfred Schoof ein Benefiz-Konzert gegeben. Mit dem Startkapital von 6000,— DM wollten sie ein Organ schaffen, das sich primär der deutschen Jazz-Szene widmete.

Die musikalische Entwicklung wollte es anders. Wurden in den ersten (zweimonatlichen) Ausgaben noch Jazz-Größen wie Albert Ayler und John Coltrane gewürdigt, so ging es über Zappa, Captain Beefheart und Soft Machine zielstrebig in Richtung Pop. Heft 14 zierte jedenfalls erstmals der Untertitel „Zeitschrift für Popmusik“.

¿ Dem „etwas anderen Geschmack blieb Der Höhepunkt der Neuen Deutschen Welle:

Musikexpress-Cover aus den Jahren ’81 und ’82 man bei-Sounds trotzdem treu. Während der Musikexpress vorwiegend über gestandene Größen wie Stones, Jimi Hendrix oder Pink Floyd berichtete, klopfte Sounds den Horizont nach neuen Trends und Talenten ab. War es in den frühen 70ern „progressive“ Rockmusik oder Westcoast, stand am Ende des Jahrzehnts Punk und New Wave auf dem Redaktions-Menü.

¿ Die Arbeitsteilung funktionierte reibungslos — so reibungslos, daß sich beide Zeitschriften 1973 unter einem gemeinsamen Dach wiederfanden. Redaktionssitz war Hamburg, wo die aufrechten Redakteure im Stadtteil St. Georg gleich neben den horizontalen Damen ihrem Gewerbe nachgingen.

Derart animiert, liefen beide Zeitschriften zu neuen Auflagenhöhen auf: Der populärere Musikexpress brachte es Ende der 70er Jahre auf immerhin 1 21.000 verkaufte Exemplare, Sounds erreichte 43.000.

¿ Doch dann trennten sich die Wege. Die kompromißlos unkommerzielle redaktionelle Ausrichtung ließ die Sounds-Auflage unter die Schmerzgrenze von 30.000 rutschen — mit dem Resultat, daß gleich beide Zeitschriften verkauft werden mußten. Statt des Klappems der Schreibmaschinen hörte man am Hamburger Steindamm fortan das Quietschen der Betten: In den Redaktionsräumen machten es sich die oben erwähnten Damen bequem.

¿ Der Express fuhr nach München. Der neue Verleger Jürg Marquard fusionierte beide Zeitschriften und schickte im Januar ’83 Musikexpress/Sounds ins Rennen. Seitdem stehen die Signale auf Grün. Nur einer sah Rot: Thomas Anders, als „höhensonnengegerbte Sangesschwu…“ tituliert. Sein Gang vor den Kadi brachte ihm zwar (der größte Justizirrtum der Nachkriegsgeschichte!) die geforderte Entschädigung, doch die (Höhen)Sonne über ME/Sounds ging und geht nicht aus…

Wort, Der Abschied war nur ein halber-. Tina Turner steht zwar zu ihrem nie wieder live zu spielen“, kann aber als alte Mucker-Katze das Platten-Mausen nicht lassen. Im New Yorker Nobel-Studio Hit Factory arbeitet sie gerade mit Produzent Dan Hartmann an der kommenden LP.

„Eins kann ich dir versprechen: Der hier ist nicht für Mauerblümchen“, sind Tinas US-weit gehörte neuesten Worte. Mit diesem Text preist sie in einem TV-Spot — wie immer leicht geschürzt und high geheelt — das Automodell „Lazer“ von Plymouth an. Dann steigt sie in den Wagen, räkelt sich auf den Kunstledersitzen und schnurrt: “ Wer hat behauptet, eine Frau ließe sich nicht befriedigen?“ ¿ Unbefriedigt verlief eine Sauftour in New York, bei der Jon Bongiovi und Freundin Dorothea Hurtey böse abstürzten. Als sie bei ihrem Zug durch die Gemeinde um drei Uhr früh lauthals „God Save the Queen“ gröhlten und versuchten, mit Gewalt noch eine Tüte Eis zu bekommen, wurden sie von der Polizei kurzerhand festgenommen. Die Eisdiele hatte schon seit fünf Stunden geschlossen. Zwei Stunden mußten sie in der Ausnüchterungszelle auf Bongiovis Anwalt warten — der Advokat kam als rettender Engel mit der Kaution.

¿ Mehr als nur zwei Stunden verbrachte Mission-Sänger Wayne Hussey im Krankenhaus. Eingeliefert mit „starten Leibschmerzen“, stellte er die Arzte vor eine schwierige Aufgabe: Nicht mal eine langwierige Bauchoperation verschaffte Klarheit über sein Leiden. Hussey nimmt’s gelassen: „Immerhin konnten die Ärzte mir sagen, daß mein Blinddarm in Ordnung ist und ich auf keinen Fall schwanger bin.“

¿ Letzteres hat Paula Vates hinter sich. Sie gebar ihrem Göttergatten Bob Celdof im Londoner St. Marys Hospital einen kerngesunden Sechseinholbpfünder, wieder ein Mädchen. Das fünfjährige Schwesterchen Fifi Trixibelle durfte bei der Geburt dabei sein. „Sie sollte selber sehen“, erklärt Paula, „daß nicht der Storch die kleinen Kinder bringt.“

¿ An Ostern war es auch für Phil Collins so weit: Lily heißt das kleine Töchterlein des Trommlers, nach den beiden Kindern aus erster Ehe jetzt das Nachwuchs-Debüt seiner Frau Jill. Daß der Collins-Sippe vom Osterhasen gleich ein doppelter Nachwuchs beschert wurde, hätte sich Phil nie träumen lassen: Sein Jahrzehnte lang verschollener Bruder Bob (Foto rechts) tauchte plötzlich wieder auf. Unter dem Künstlernamen „Hoskins“ hatte es der Doppelgänger im Film-Geschäft (u.a. „Roger Rabbit“) zu einiger Bekanntheit gebracht.

¿ Einen Durchbruch ganz anderer Art wollen Annie Lennox, Peter Gabriel, The Edge, Chrissie Hynde, David Byrne und John Farnham erreichen: Sie reisten nach Moskau, um für das mit weiteren prominenten Kollegen eingespielte Benefiz-Album THE BREAK-THROUGH zu werben. Alle Künstler verzichten auf Tantiemen, der Erlös der beim UDSSR-Monopolisten „Melodiya“ in Kürze erscheinenden LP wird in voller Höhe dazu verwendet, eine sowjetische Sektion von Greenpeace aufzubauen. Der Kultur-Austausch in die andere Richtung entwickelt sich dagegen eher zäh: Während Ostblock-Gitarrenstar Boris Grebenshikov seine von Dave Stewart produzierte LP RADIO SILENCE jetzt im Westen veröffentlicht, warten wir noch immer darauf, das heiße Rock-Album WILD ROSE von Katya Surzhikova, der russischen Mischung aus Jennifer Rush und Teresa Orlowski, in deutschen Plattenregalen zu finden.

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