Oasis & Kom


PFINGSTSAMSTAG AM SPÄTEN NACHMITTAG. Der Fixstern knallt schon den ganzen Tag gnadenlos vom Himmel und hat das Rund im Frankenstadion auf Backrohrtemperatur hoch gekocht. 18.00 Uhr, die Frisur sitzt schon lang nicht mehr. Da kann man dann genau so gut die Haare fliegen lassen. Am besten zu Korn, die sind nämlich als nächste dran. Obwohl in Europa keine Superstars, kennt man die Amis doch ausreichend vom Hörensagen. HipHop mit Metall-Gitarren satt, alles in komplex verschachtelten Songs zusammengepackt. Ausgeschlafener Crossover, aber nicht gerade leichte Kost. Als die Band losprescht, steht fest: Bei Korn soll nicht nur vor, sondern auch auf der Bühne geschwitzt werden. Und so viel Solidarität kommt an bei der hitzegeschwächten Klientel in der Moshpit. Zumal Frontman Jonathan Davis die Arbeit nicht gerade leicht gemacht wird. Die Hitze ist dabei noch das geringste Problem. Der Sound ist besonders zu Beginn der Show grottenschlecht, Davis‘ Gesang zum Teil überhaupt nicht hörbar. Da könnte man schnell trübsinnig werden, aber Davis ist Vollprofi und fährt statt dessen als Gegenmaßnahme das volle Programm: Er springt, schreit, verrenkt sich, schleift gegen Ende sogar einen echt schottischen Dudelsack auf die Bühne. Damit hat er endgültig gewonnen: So viel Einsatz wird mit den ersten Zugabeforderungen des Tages belohnt. Doch die Stunde der wahren Dudelsäcke stand erst noch bevor. Während Korn auch die letzten Alkoholleichen wiederbeleben konnten, sind Oasis am Sonntagabend selbst im Vollrausch kaum zu ertragen. Vor ein paar Wochen erst hat Gitarrist Noel Gallagher seinem Bruder Liam den Kram (vorerst angeblich vorübergehend) hingeschmissen und eine völlig führungslose Band hinterlassen. Jetzt muss Liam nicht nur seinen schlechten Ruf alleine verteidigen, sondern auch noch etwas Neues suchen, an dem er seine permanenten Aggressionen pflichtschuldig austoben kann. Am Vortag hat deshalb die Band-Garderobe von „Rock am Ring“ dran glauben müssen, heute holt er zum totalen Rundumschlag aus, trifft das Publikum und letzten Endes sich selbst. Dass Liam nach Betreten der Bühne zunächst mal seinen Stinkefinger bemüht, ist ja nun nicht weiter der Rede wert. So ist er eben, der Liam. Nur wird danach schnell klar, dass darüber hinaus überhaupt nichts mehr bemüht wird.“GoLet It Out“, eigentlich ein prächtiger Opener, wird so ziellos vergurkt, dass er erst halbwegs identifizierbar wird, als Herr Gallagher zu singen beginnt. Songs wie „Supersonic“ oder „Rock’n’Roll Star“ schleppen sich wie todkranke Patienten über endlose Minuten dahin, bis auch dem letzten im Stadion beide Füße eingeschlafen sind. Da braut sich was zusammen: Das Publikum, noch kurz zuvor von Live trotz Hagel und Gewittersturm zur Höchstform angepeitscht, wird jetzt ernsthaft stinkig. Auf die Bühne fliegt so ziemlich alles, was der enthemmte Festivalbesucher momentan entbehren kann. Aber Liam Gallaghers Schmerzgrenze liegt offenbar wesentlich höher. Ein Song nach dem anderen wird würdelos zu Grabe getragen. Nach einer dreiviertel Stunde gezielter Menschenquälerei verlassen Oasis endlich die Bühne. Der einzige Trost: Zum Glück lässt Gallaghers verfrühter Abgang den Headlinern Pearl Jam im Laufe der Nacht mehr Zeit für einen ausgiebigen Zugabenblock.