Out In The Green


Das Festival der musikalischen Sozialarbeiter fiel diesmal auf einen Samstag. Alle sechs Acts hatten sich die Kritik an gesellschaftlichen Mißständen auf ihre Fahnen geschrieben oder doch zumindest diskret in ihre Songs verpackt. Die kanadischen Mainstream-Rocker um Tom Cochrane & Red Rider zogen als Opener den allseits geliebten „Victory Day“ der Amerikaner durch den Kakao, gefolgt vom Freund aller Verfolgten dieser Welt. Ex-Springsteen-Partner Little Steven, dessen Aufruf zu „Solidarity“ leider im miesen Sound völlig unterging.

Angenehmer, weil nicht so verbissen kritisch und auf Message bedacht, setzten sich die Schotten-Rocker Big Country in Szene. Allen voran Sänger Stuart Adamson. der vor lauter Spiellaune schier zu platzen drohte.

Mit dem hatten Latin Quarter aber auch nicht die geringste Spur am Hut.

Ihre rhythmisch vertrackten Reggae-Rock-Exerzitien wirkten wie ein Schlummertrunk auf die Zuschauer. Und auch Van „The Man“ Morrison ist beileibe kein Festival-Killer. Entsprechend zäh, um nicht zu sagen desinteressiert, fielen die meisten Reaktionen auf die Jazz-, Blues-, Folk- und Rock-Tinktur des grantigen Iren aus.

Uns Herbie, Headliner und Matador des Open Air, rettete den Abend noch vor Einbruch der Dunkelheit. Gegen seine geballte Energie, gegen sein soziales Gewissen ist kein Kraut gewachsen, nicht mal das der Republikaner. Grönemeyer verkörpert, wie seinerzeit Udo L. für die 70er, das andere Deutschland der ausgehenden 80er Jahre. Der Mann der offenen Worte streute seine Ansichten zu Themen wie Leistungsdruck („Keine Heimat“), Zweierkisten, Diskriminierung oder etwa „Angst“ mit den Worten:

„Angst vor Geschichte, Angst vor sich, Angst vor Angst“ unters begeisterte Volk. In vorzüglich gestimmter Begleitung seiner fünfköpfigen Band erwies sich Grönemeyer einmal mehr als Moralist und Aufklärer. Jeder seiner Songs klang wie ein Appell an die Vernunft, wie eine deutliche Absage an die windigen Verfechter dumpfer Gefühle, ohne dabei jedoch zu vergessen, daß derlei musikalische Aufklärungsarbeit stets mit Spaß verbunden sein sollte.

Und den hatten die 13.500 Zuschauer in den über zwei Stunden des Konzerts mehr als genug. Grönemeyers Gedanken zur Zeit kamen aus dem Bauch und landeten in den Ohren und Beinen einer frenetischen Menge.