Prince in Concert


Die Serie von Konzerten in London war etwas für treue Prince-Fans. Wer zwingende Melodien erwartete, wurde dort weitgehend enttäuscht

Eines muß man dem weltbekannten Purple-Männlein lassen: Die Publicity-Maschinerie hat es voll im Griff. Wie George Michael liegt auch der Funkmeister aus Minneapolis mit seiner Plattenfirma im Clinch. Doch während Master Michael vom schwarzen Sendeloch verschluckt zu sein scheint, hat der kleine Prince die Notlage clever zu seinem Nutzen umgepolt — der Krach mit der Company erweist sich als äußerst schlagzeilenträchtig. Was Wunder also, daß der zierliche Zeremonienmeister der Schwarzen Musik die Gunst der Stunde nutzte und kurzfristig eine „Welttournee“ ansetzte. An deren Beginn stand eine Reihe von Auftritten im naßkalten London. Hier, in der europäischen Musikmetropole, nahm der nimmermüde Prince die Gelegenheit wahr, seinem Publikum eine Reihe von bisher unbekannten Songs näherzubringen. Lieder, unter anderem aus ‚The Gold Experience‘, einem Album, das nach dem Willen von Princens Plattenfirma sein Dasein im Archiv fristen soll. Ein Umstand, der den selbsternannten Blaublüter der Black Music in Rage versetzt. Schließlich ist es Prince, der in vorderster Front dafür kämpft, daß dem Künstler und nicht seiner Company die Plattenaufnahmen gehören. Nicht eine anonyme Firma soll entscheiden, welche Platte den Weg in die Regale findet, sondern der Musiker. Wenn man Prince heißt, umgeht man deshalb die Veröffentlichungspolitik der Firma via Konzert. In London wird dabei vor allem eines deutlich: Vor seinen treu ergebenen Fans darf der Mann aus Minneapolis so gut wie alles. Eine Tatsache, die sowohl für die nicht immer nachvollziehbaren Songs des Prinzen als auch für das groteske Bühnenbild gilt. Das wunderliche, goldene Gebäude da oben auf dem großflächigen Podium sei die Endorphinmaschine, heißt es, und es stelle unser aller Genitalien dar. Wer weniger abstrakt denkt, erkennt lediglich drei gewaltige Pilze, in denen Bassist Sonny Thompson, Drummer Michael Bland und zwischendurch auch mal Tänzerin Mayte ihren Platz haben. Wesentlich spektakulärer ist da schon Keyboarder Tommy Barbarella, der einen langen Rock trägt und bei ‚Gold Experience‘ fast so schön wie David Copperfield über die Bühne fliegt. Dem guten Klang tun derlei Showeffekte keinen Abbruch. Deutlich härter als bisher prescht Princens Band ebenso präzise wie druckvoll durch eine natürlich vom Meister höchstselbst vorgenommene Selektion aus zwanzig Songs. Einzig bekannt aber nur ‚Most Beautiful Girl‘, ‚Letitgo‘ und ‚Proud Mary‘. Der Rest ist bis dato ungehörtes Material von zweifelhafter Qualität. Dem guten Groove zum Trotz beschleicht die kritischen Zuhörer schon bald ein Gefühl der Eintönigkeit, herrührend von einem eklatanten Mangel an Melodie. Die Fans aber — freudig erregt ob des persönlichen Erscheinens Seiner Exzellenz — sind aus dem Häuschen. Immerhin: Die ein oder andere Nummer sticht aus dem furiosen aber nicht eben fantasievollen Funk heraus. ‚The Days Of Wild‘ zum Beispiel, weil Prince darin zu rappen versucht, ‚Now‘, weil hier ein paar wirklich aufregende Bläser-Samples verwendet werden, und ‚Endorphin Machine‘, weil dieser Song den Geist von James Brown atmet. Da der Pop-Prinz inklusive Zugaben aber satte zweidreiviertel Stunden zu spielen geruht, weist die Show zwischen den Höhepunkten doch etliche Längen auf. Was allerdings nur jene merken, die beim Namen Prince nicht sofort in Ehrfurcht erstarren.