Redakteure auf Höhenflug


Es war ein gutes Jahr für die Editors: ein Top-20-Debütalbum, ausverkaufte UK-Tourneen im Sommer und Herbst sowie Europareisen im Vorprogramm von Franz Ferdinand (hier: in Berlin) katapultierten die Band mit dem Spitznamen „Boy Division“ aus dem Nichts ins große Licht. Der schöne Streß läßt erst mal nicht nach: Ende Januar kommen die Editors erneut für zwei Headlinerkonzerte nach Deutschland, es folgen Holland, Italien, Spanien, die USA und die britische Heimat. Da soll es dann, verspricht Tom Smith (vorne), erste neue Songs zu hören geben, ehe vielleicht noch 2006 ein zweites Album ansteht.

ZAHLEN BITTE 102.5 Dezibel laut war der Auftritt der Stooges beim „BlueBalls“-Festival im Juli in Luzern. Das waren (trotz Erhöhung des Limits von 93 auf 100) 2,5 Dezibel zuviel. Geldstrafe: 1.500 Schweizer Franken.

Die Politik zuerst: Von der CIA bislang nicht kommentiert (oder dementiert) wurden Meldungen der Organisation „Human Rights Watch“, wonach in einem US-Geheimgefängnis bei Afghanistan Gefangene durch tagelanges Abspielen von Eminem– und Dr. Dre-Platten in Dunkelzellen gefoltert wurden.

Ebenfalls kein Scherz (aber wesentlich erfreulicher) ist die Meldung, daß Peter Brugger mit seinem Bruder Olli unter dem Namen tiptopbeim zweiten „Bundesvision Song Contest“ für Bayern antritt. Genau: der Peter von Sportfreunde Stiller. Ebenfalls dabei: Seeed (für Berlin) und Massive Töne (Baden-Württemberg).

Zwei Chancen, sich ein zweites Standbein zu sichern (als Schauspieler), hat Justin Timberlake schon verpaßt – weil seine Stimme „mehr nach einem 12jährigen Jungen klingt als nach einem Actionheld“. Nun nimmt er täglich Gesangsunterricht, um eine tiefere Tonlage zu entwickeln.

Über mangelnde Nebeneinkünfte sollte Madonna eigentlich nicht klagen können. Weil sie aber bestrebt ist, „sich laufend künstlerisch zu entwickeln und Konventionen zu mißachten“ ,bringt die Kinderbuchautorin und Gelegenheitsdarstellerin im Frühjahr auch noch ein eigenes Weinsorriment auf den Markt, das u. a. die Sorten Barbera, Cabernet Sauvignon sowie einen „alkoholfreien Tafelrotwein“ umfaßt und über www.celebritycellars.com vertrieben wird. Weniger Glück hat Madonna mit ihrem Modegeschmack: Ihre neunjährige Tochter Lourdes bat sie, sich zukünftig „normal und anständig anzuziehen“, wenn sie sie von der Schule abholt, weil sie sich sonst schämen müsse.

Finanziell abgesichert dürfte zumindest für die nächsten Jahre Courtney Love sein, die ein Viertel der Nirvana-Songrechte für gut 100 Millionen Euro an die Multimillionärin Martha Stewart verkauft hat. Stewart wurde 2004 wegen Meineid, Insidergeschäften mit Aktien, Verschwörung und Behinderung der Justiz zu fünf Monaten Gefängnis, Hausarrest, Bußgeld und einem zweijährigen Berufsverbot als Femsehtante verurteilt. Nun bestreitet sie ihren Lebensunterhalt mit „Smells LikeTeen Spirit“. Einen recht prominenten Discjockey hat der Washingtoner Radiosender XM engagiert: Bob Dylan wird ab Frühjahr 2006 einmal pro Woche Platten bei dem Sender drehen und kommentieren. „Das ist total aufregend. Viele meiner Lieder laufen im Radio, aber ich sitze zum erstenmal auf der anderen Seite“, sagt der Neuling.

Auf ihren Hauptberuf konzentrieren sich Franz Ferdinand: Schon im Januar ist die Band im Studio, um zumindest einige der 14 Songs aufzunehmen, die momentan auf dem Plan fürs dritte Album stehen. „Die Songs sind viel größer und weniger kantig als alles, was wir bisher gemacht haben „, sagt Alex Kapranos, der sich eigenen Worten zufolge diesmal vot allem von Kanye West und Amerie inspirieren ließ. Einen Termin für das Album gibt es noch nicht. Sorgen um seine Corporate Identity macht sich Jack White: Weil sich neuerdings auch Bands wie Green Day und My Chemical Romance in den Farben Rot, Weiß und Schwarz präsentieren, falle es den White Stripes „zunehmend schwer, herauszustechen“. Auch Ex-Take-That-Hüpfer Mark Owen versuchte sich unlängst als Imitator – und sorgte für Empörung, als er bei einem Auftritt Joy Divisions „Love Will Tear Us Apart“ coverte und am Ende den Selbstmord von Ian Curtis pantomimisch „nachstellte“ (mit seiner Krawatte als „Strick“). „Mark wollte niemanden beleidigen“, stellte sein Manager hinterher klar. Makabre Scherze dieser Art würde man eher von Marilyn Manson erwarten. Der indes verzichtete auf satanische Mätzchen jeder Art, als er am 3. Dezember auf Schloß Gurteen in der irischen Grafschaft Tipperary seine Langzeit-Gefährtin Heather Sweet alias Dita Von Teese heiratete. Etwa 60 vorschriftsmäßig im 19. Jahrhundert-Look gekleidete Gäste wohnten der von Underground-Filmregisseur Alejandro Jodorowsky inszenierten Zeremonie bei und vergnügten sich an den folgenden Tagen mit Spanferkelessen, Falkenjagden, Tontauben- und Bogenschießen, ehe sich der Bräutigam wieder an die Arbeit an seinem sechsten Album machte.

An Studiowerk Nummer sieben feilen weiterhin Radiohead – ohne ihren gewohnten Produzenten Nigel Godrich. Seinen Platz nimmt bei den im Februar anstehenden Aufnahmen Mark „Spike“ Stent ein, der u.a. für Madonna und Björk gearbeitet hat. „Man muß Sachen machen, vor denen man sich fürchtet. Jede unserer Platten klingt anders, und es ist echt schwer, was Neues zu finden, was zu uns paßt. Nigel und wir lieben uns nach zehn Jahren Zusammenarbeit einfach zu sehr“, kommentierte Ed O’Brien den Wechsel. Einen Termin für das Album gibt es noch nicht, aber zumindest einige der neuen Songs werden auf einer Europatournee im Mai zu hören sein.

Ersatz finden mußten auch die Sugababes, nachdem kurz vor der Tour mit den (ohne Robbie Williams) wiedervereinten Take That Gründungsmitglied Mutya Buena „aus persönlichen Gründen“ kündigte. Die Suche dauerte nur einen Tag: Das neue Babe heißt Amelle Berrabah, ist 21 und eigenen Worten zufolge „mit der Musik der Sugababes aufgewachsen“ (deren erstes Album vor knapp fünf Jahren erschien).

Ein Wiedersehen mit einem alten Kumpel feierte Josh Homme beim Auftritt seiner Queens Of The Stone Age Ende Dezember im Wiltern Theater in Los Angeles: Zur Zugabe kam John Garcia, Frontmann der vor zehn Jahren aufgelösten Vorgängerband Kyuss, auf die Bühne und gab mit den Queens die Oldies „Thumb“, „Hurricane“ und „Supa Scoopa And Mighty Scoop“ zum besten.

Apropos alte Zeiten: Die deutsche Bandlegende Ton Steine Scherben sucht nach den 24-Spur-Bändern ihrer letzten Studio-LP SCHERBEN (1983). Wer weiß, wo die wertvollen Originale (zwei Ampex-Tapes in silbergrauen Pappschachteln) sind, möge bitte die Nummer 030/2611415 anrufen.

Nichts dran ist an Gerüchten, das nächste Coldplay-Album werde eine Country-Platte (hat das jemand ernsthaft geglaubt?). Anders als die Vorgänger, bei denen es sich laut Bassist Guy Berryman um „eine Trilogie“ handelt, soll es dennoch klingen – u.a. durch verstärkten Einsatz von Elektronik im Geiste von Kraftwerk. „Ich liebe die Vorstellung, daß niemand wirklich weiß, wer Kraftwerk sind“, schwärmt Chris Martin. „Sie sind so was wie die ursprünglichen Gorillaz.“

Ein bißchen voreilig war Gwen Stefani. Ihr zweites Soloalbum kommt doch nicht so schnell: „Ich habe eine gute Plattefertig, die ich veröffentlichen könnte. Aber ich habe beschlossen, daß es wichtiger ist, erst mal ein Nickerchen zu machen.“ Noch wichtiger ist mit Sicherheit, daß Gwen und Ehegatte Gavin Rossdale im Juni ihr erstes Kind erwarten …

Hochfliegende Pläne hat Moby – was die fernere Zukunftangeht: Für 207.000 Dollar sicherte er sich eine der ersten Fahrkarten für Richard Bransons Weltraum-Fluglinie „Virgin Galactic“. Das Raumschiff, das Moby und einige andere Passagiere zwar nicht zum Mars, doch immerhin 113 Kilometer über den Meeresspiegel bringen wird, startet jedoch erst 2010.

Seit Dezember sind Blur im Studio, um nun doch endlich ein neues Album aufzunehmen. „Das ist wie Weihnachten im Familienkreis“, sagte Bassist Alex James. „Man trifft sich, und es ist toll, alle mal wieder zu sehen, und dann, wenn alles vorbei ist, sagt man zähneknirschend: Bis zum nächsten Mal!“ Erscheinen soll die Platte im Sommer.

Nach zehn Jahren aufgetrennten Wegen plant das irisch-amerikanische Rap-Trio Hause Of Pain einen Neubeginn. „Wir telefonieren oft und sitzen in einem unserer Häuser zusammen. Wir haben alle zusammen angefangen, drum gibt es keinen Haß oder so was“, ließ Everlast verlauten. Ob und wann die Reunion mit DJ Lethal und Danny Boy O’Connor auf Tonträger dokumentiert wird, ist noch offen.

Ein Comeback könnte auch Leo Sayer feiern – wenn er denn wüßte, daß die Remix-Version seiner fast 30 Jahre alten Flopsingle „Thunder In My Heart“ von DJ Meck sich zum veritablen Hit entwickelt. Leider ist Sayer (der mit dem Song damals nach seinem Evergreen „When I Need You“ eine neue Richtung einschlagen wollte) aus Enttäuschung über die US-Musikindustrie seit einiger Zeit in Australien untergetaucht und für die gute Nachricht nicht zu erreichen.

Probleme mit den Ohren hat laut ihrem Anwalt Foxy Brown. „Sie ist fast taub und kann mich nicht hören“, sagte er auf die Frage, warum er seiner Mandantin vor Gericht Zettel zugeschoben hatte. Die Rapperin, die (u. a.) wegen einer Schlägerei mit zwei Angestellten des New Yorker Nagelstudios „Bloomie Nails“ (wegen einer nichtbezahlten Maniküre) angeklagt ist, teilte zunächst mit, sie werde sich demnächst operieren lassen, um ihr Gehör wiederzuerlangen, feuerte dann jedoch ihren An walt und wurde beobachtet, wie sie sehr angeregt mit einem möglichen Nachfolger telefonierte – ohne Verständigungsprobleme.

Mitte der 90er erklärte sich Prince per Gesichtsgraffito zum „Sklaven“ der Musikindustrie, nun hat er einen neuen Plattenvertrag unterschrieben – mit dem Branchenriesen Universal. „Ich hatte die Chance, eine Vereinbarung zu treffen, die meinen Vorstellungen entspricht“, sagte der 47jährige über den Deal, der vorläufig nur für das Album 3121 gilt, das im Frühjahr in den Läden stehen und laut seinem Urheber ganz anders klingen soll als die vorab erschienene Schnulze „Te Arno Corazon“.

Nachwuchsbands, die die ersten Schritte zu ähnlichen Vereinbarungen über eine der großen Festivalbühnen tun möchten, sollten sich für die „Beck’s On Stage Band Battle“ bewerben. Eine Jury wählt die brauchbarsten Teilnehmer für die „Battles“ aus, deren Sieger dann beim Hurricane, Southside oder Area4 spielen dürfen. Bewerbungsunterlagen und weitere Infos: www.becks-on-stage.de.

Großen Ärger mit ihrer Plattenfirma haben derzeit die Beatles, das heißt: Paul McCartney, Ringo Starr sowie die jeweiligen Erben von George Harrison und John Lennon. Es geht darum, daß Capitol Records und EMI ihrer Pflicht, „transparent und fair abzurechnen“, nicht nachgekommen seien. Streitwert: 44 Millionen Euro. Die Beklagten wiegeln ab: Von „typischen Meinungs Verschiedenheiten eines komplizierten Vertrags“ sprach man bei EMI.

Mit Beschwerden überhäuft wurden My Morning Jacket wegen der (von ihrer Plattenfirma Sony BMG in den USA ohne Absprache installierten) „Kopierschutz“-Software auf ihrem aktuellen Album z. Per Internet liefert die Band nun Tips zum Umgehen der Software – und (wenn sich das Album trotzdem nicht auf Computern abspielen läßt) macht US-Fans das Angebot, sich kostenlos eine gebrannte Kopie des Albums (ohne Spyware) zusenden zu lassen.

Für Proteste sorgten Oasis, als sie bei einem Gig im schottischen Glasgow den Song „Bring It Down“ dem unlängst von Manchester United zu Celtic Glasgow gewechselten Roy Keane widmeten. Fans des Lokalrivalen Glasgow Rangers reagierten mit einem Bierbecherhagel, den Liam Gallagher so kommentierte:

„Ihr seid doch erwachsen, oder?“

FLURFUNK

Was ist nur in dieser Redaktion los?

What’s so funny about… Metal?

Jetzt schallt es wieder über den Flur, wie von einem ganzen Tresen voller Santakläuse auf einmal. Harrr harr harr! Haarrrrr harr harr harr! Etc. Die Kollegen vom befreundeten Metal-Fachmagazin am Ende des Ganges (des Flures; nicht in Bombay] scheinen pünktlich zur Vorweihnacht die zweite Fortgeschrittenen-Stufe ihres Blockseminars „Rocklachen‘ [Flurfunk berichtete] abgeschlossen zu haben und praktizieren jetzt munter. Beeindruckend. Während der gemeine Indie-Typ und Popper (also wir) Gefahr läuft, in Trübsinn/katatonisches Schaukeln zu verfallen in diesen mit Redaktionschlußdruck vollgepropften letzten Tagen der Vorweihnacht (Ausnahmen – namentlich die Kollegen Götz und Knieper mit ihren mutmaßlich durch das Studium irgendwelcher fernöstlicher o. ä. Philosophien/ Praktikten o. ä. wattierten Nervenkostümen – bestätigen die Regel), lacht der Metaller all dem ins Gesicht. Das ist einfach eine ganz andere Mentalität, sagt die Frau Meier. Der Metal, sagt sie, der hat einen ganz anderen Blick aufs Dasein. Man merkt das schon an der Wahl der Lebensmittel: Während sich beim ME die Bio-Brause-Kästen stapeln, wurde Metal-Hammer-Chef Zacke Zahn vorhin an der Poststelle bei der Empfangnahme einer turmhohen Sendung an seine Redaktion gesehen. Absender: eine bekannte Pilsbrauerei. Vielleicht machen wir grundsätzlich was verkehrt. Darüber grübelt bis zum Wiedersehen 2006 (das für Sie ja schon angebrochen ist, Sie Glückspilz): Der Flurfunker