Reggae


hb: „Schreib , wie dir der Schnabel gewachsen ist, Matthias.“ Right on, Reggae-Special Nr. 2.

Übersicht über das im Augenblick immer größer werdende Angebot verschaffen Sampler. Neu von Virgin ist „Front Line 3 (Virgin 201 059-241) mit Tracks von Gregory Isaacs, Sly Dunbar, den Mighty Diamonds, I-Roy, den Twinkle Brothers, den Gladiators, U-Roy, Culture, Prince Far I und den Abyssinians.

Höchstwahrscheinlich aus Jamaica kommt die Gruppe In Crowd, obwohl das Cover kaum Informationen hergibt, dafür aber umso witziger aussieht. „Man from New Guinea“ (Island 200 962) bietet nicht besonders aufregenden, meist ruhigen Crossover-Reggae mit viel Synthesizer und ein wenig Dub. In England erschien die Platte bereits vor ca. 2 Jahren unter dem Titel „His Majesty Is Coming“, gleichzeitig das beste Stück neben „Reggae Groove“, das mit einem gepfefferten Rock-Gitarrensolo aufwarten kann. Von wem?

Eine sehr interessante Platte ist „Experience“ von den (Royal) Rasses (EMI 1C 064-82 746). Von ihrem Auftritt in Hamburg war ich eigentlich nicht sehr begeistert; auf Platte gefallen sie mir wesentlich besser. Kopf der Rasses ist Prince Lincoln Thompson, der alle Texte und Texte selber schreibt.

Zu Anfang ging mir seine Stimme mit einem etwas penetranten Vibrato auf die Nerven, doch mit der Zeit gewöhnt man sich daran und fängt an, auf die starken Songs und die komplexe Melodie- und Rhythmus-Begleitung zu achten. Die Stükken sind sehr unterschiedlich. „You Gotta Have Love“ oder „Jungle Fever“ sind ziemlich schnell, Discobeeinflußt, „Walk In Jah Light“ oder das wunderschöne „Blessed Are The Meek“ sind eindeutige Roots-Stücke. Nebenbei: Sly und Robbie sind nicht nur hier nicht dabei.

Ein Schritt nach vorn bei den Gladiators. Sie haben sich von Tony Robinson getrennt und ihre vierte LP „Sweet So Till“ (Virgin) selbst produziert. Das Vocal-Trio spielt einen harten, rhythmusbetonten Roots-Reggea, der nach wie vor stark von Bob Marley beeinflußt ist. Allerdings ist dessen Einfluß auf Albert Griffith, Lead-Sänger und Hauptsongschreiber, zurückgegangen, es ist auch kein Marley-Stück wie auf der recht dünnen „Naturality“-LP („Exodus“) dabei. So kann mich „Sweet So Till“ mit durchweg guten Songs letztendlich überzeugen. Sonderlob für Gitarrist Ernest Ranglin. Well done, mon.

Bereits 1978 erschien von den Twinkie Brothers „Love“ als 10inch-LP. Jetzt aibt es diese srhönp Platte in normaler Größe, verlängert um vier Dub-Versionen (Virgin 801 033), Eine Seite haben die „Glitzer Brüder“ mit den Revolutionaires (u.a. Sly und Ranchie) eingespielt, Mehr über die Gruppe steht im ME 8/79, S. 44.

Noch ursprünglicher als „With Words Of Wisdom“ fällt „Version Galore“ (Virgin 800 253), die allererste Platte von U-Roy, aus. Das macht wirklich Spaß, da zuzuhören. Man kann sich richtig vorstellen, wie U-Roy an irgend ’ner Straßenecke mit seinem Sound System steht und über die gerade laufene Platte toastet. Gut zum Vergleich: Auf dem „Hottest Hits“-Sampler sind einige Stück in der Originalversion. Listen to dis irie music!

Schon lange in der zweiten Reihe hinter U-Roy, Big Youth und Tapper Zuckie steht I-Roy (Roy Reid). „The General“ (Virgin 801 044 370) heißt seine neuste Platte großspurig, so doll ist sie aber nicht. Sind seine Toasts beim ersten Hören noch ganz witzig, wird’s bald langweilig und eintönig, zumal auch die Musik nichts Überdurchschnittliches bietet. No vibrationes. Zum Album gehört noch ein Free-Dub-Album (die Platte wird natürlich trotzdem teurer verkauft als eine Einzel-LP), aber das nimmt sich auch recht schwach aus. Drei Dub-Titel sind da drauf, der Rest ist langweiliger Instrumental-Reggae ohne einen einzigen Dub-Effekt. Very Strange. Spart Euer Geld…

… für „Cry Tuff Dub Encounter Part 2“ (Virgin 801 007) von Prince Far I (In Dub). Prince Far I (Michael Williams) ist auch einer der ganz großen DJs. Auf dieser Platte ist von ihm zwar nicht viel zu hören, dafür aber von seinen Arabs mit Chinna, Sly, Robbie, Santa Davis und den anderen (auf Jamaica gibt’s einen ganzen Hafen von Gruppen mit verschiedenen Namen, die Musiker sind immer die gleichen). Prince Jammy ist an den controls und entfesselt ein Höllenfeuerwerk an Effekten, immer ist irgendetwas los. Die meisten Titel sind aus Prince Far l’s letzter LP „Long Life“. Jetzt haben sie sehr seltsame Namen gekriegt: „Sure-Lere Dub“, „Kaduna Dub“, „Borno Dub“. No pop, no style, strictly roots-dub.

Ein ausgeflippter Typ ist Dr. Alimantado (Winston Thompson). Ist er nun Rockers-Sänger oder DJ? Eigentlich DJ, aber er steht über allen. Seine neuste LP „Kings Bread“ (Ital Sounds ISDA 5000, JA-Import) ist auf jeden Fall eine absolute Killer-Scheibe. Knallige Roots-Rhythmen, dazu die Heptones als Backgroundchor;diese Platte ist ihr Geld wert. Was es noch zu sagen gibt, steht in der Auslauf rille: fah love forever!

ms