A Musical Journey – Martin Scorsese Presents: The Blues

Die Geschichte des Blues? Daran scheiterten schon ganze Heerscharen an Spezialisten. Zu umfangreich gestaltet sich ein solches Projekt, das gut einhundert Jahre Musikhistorie aufbereiten müsste. Schätzungsweise zwei Dutzend CDs wären vonnöten, um einer Retrospektive zumindest ansatzweise gerecht zu werden. Daher kann auch das vom renommierten amerikanischen Regisseur beaufsichtigte 5-CD-Box-Set MARTIN SCORSESE PRESENTS: THE BLUES – A MUSICAL journey nicht der Weisheit letzter Schluss sein. Doch immerhin ist dem Filmemacher und mehrfachen Oscar-Gewinner zu bescheinigen, sich einem der ältesten populären Musikstile der Welt und seinen afro-amerikanischen Wurzeln mit Sachverstand zu nähern. Im Rahmen einer multimedialen Kampagne des US-Pay-TV-Channels HBO und der Firma Sony mit einer gleich siebenteiligen Doku-Film-Produktion (u.a. mit Wim Wenders), einem dicken Buch von Peter Guralnick und Robert Santelli sowie einer mehrteiligen, hochwertigen CD-Compilations- und Best-Of-Reihe nimmt sich das mit 116 Tracks bestückte Mammut-Projekt reichlich ambitioniertaus. Hier wird auf spannende Weise das Genre beleuchtet, das die Entwicklung der populären Musik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beeinflussen sollte von den Anfängen des Country Blues im Mississippi-Delta über den elektrifizierten City Blues in Chicago bis hin zu anglo-amerikanischen Bluesapologeten der zweiten, dritten, vierten und fünften Generation. Die ältesten Aufnahmen der Label-übergreifenden History datieren um 1920 und präsentieren Pioniere wie Furry Lewis, „Ma“ Rainy, Son House sowie die großen drei mit dem tragischen Adjektiv im Namen: Blind Willie McTell. Blind Lemon Jefferson und Blind Willie Johnson. In den dreißiger und vierziger Jahren tauchten legendäre Gestalten wie Robert Johnson, Lead Belly, Billie Holiday. Bessie Smith, Bukka White, Sonny Boy Williamson, Memphis Minnie und Skip James auf – die ersten Bluesinterpreten, die im kollektiven Gedächtnis haften blieben. Mit der E-Gitarre kamen aufstrebende Talente wie Muddy Waters, Howlin‘ Wolf. Chuck Berry. John Lee Hooker, Bo Diddley, Buddy Guy und B. B. King hinzu. Vom Publikum nun auch in Europa wahrgenommen, legte vor allem diese Generation den Grundstein für den britischen Blues-Boom ein Jahrzehnt später. Beendet wird die Reise mit Stevie Ray Vaughan, Keb Mo, Bonnie Raitt, Los Lobos und Robert Cray. Nicht gerade die Bibel, aber ein tauglicher Katechismus für jeden gläubigen Bluesadepten.