Adam Green – Friends Of Mine
Vergehen und Verschwinden: Der Sänger der Moldy Peaches hat eine tief rührende Songkollektion veröffentlicht.
Zum größten Schabernack, der nach dem Tod von Kurt Cobain veranstaltet worden ist, zählten die „Suicide is alright“-T-Shirts, mit denen Händler den MTV-Kids ein paar Dollar aus der Tasche ziehen wollten. Über Selbstmord sind andererseits immer schon seriöse, ergreifende Lieder geschrieben worden: „Everybody Hurts“ von R.E.M. zum Beispiel oder „Gloomy Sunday“ von Billie Holiday. Adam Green, der Lausejunge, der so zynisch und albern sein und sich über seinen Penis aussingen konnte, fügt dem Repertoire an Suicide-Songs nun ein paar der rätselhaftesten Zeilen der Popgeschichte hinzu: „Suicide, suicide leaning out to everyone that hides.“ Vorgetragen mit einer Sonntagsstimme in einem Lied über Rotkehlchen. Die Streicher ziehen wie rosa Wolken vorbei, die Melodien kleben beidseitig. Vielleicht war die ganze Adam-and-Kimya-Geschichte, die sich um die putzigen Moldy Peaches drehte, darum, wie er ihr imponieren wollte und Cassetten mit Kurt-Cobain-Songs aufnahm, auch nur ein großer ernster Spaß. Vielleicht ist Adam Green das reife Früchtchen einer neuen Songwriter-Generation, das sich ein paar Lieder hinter Störgeräuschen und Wollmäusen aus der Etagenküche verschanzte, um dieses leichte Meisterwerk dem Rest der Welt vor den Latz zu werfen. „You fall in love by accident“ – eine Zeile, die Adam seinen Freunden widmet und wir gleich an ihn zurückgeben. Es gibt so vieles, das sich gegenüber dem Vorgänger Adam Green und den Peaches-Platten verändert hat, Friends Of Mine ist der Quantensprung raus aus dem LoFi-Rattenloch New York, rein in die sommerliche Verderbtheit, die so mancher Evergreen hat. Es gibt Songs, die klingen wie Gutenachtlieder von Jonathan Richman, eine Lee-Hazlewood-Reprise und Lou Reed auf einer Überdosis Antidepressiva, David Bowie in seiner „Laughing Gnome“-Phase, ja, wie Ringo Starr auf Abschiedstour (und er spielt nur Songs von Sentimental Journey). Wie alles und wieder nicht und wie Adam. Spätestens beim dritten Hördurchlauf beginnt Friends Of Mine einem ernsthaft Angst zu machen. Hinter dem Pizzicato-String-Wunder und dem seriösen Gitarren-Pling-Pling lauern Vergehen und Verschwinden allüberall: „I’m just closer to death than ever“ („Frozen In Time“), „Good night to my new dead wife“ („The Prince’s Bed“), „I Wanna Die“, das Lied, das Nick Drake vergessen hat zu schreiben. Puh! Diese Platte erzeugt jene seltenen Momente, in denen man spürt, dass ein Künstler ab sofort immer für einen da sein wird. So geht eine Liebeserklärung.
Word up: „Bluebirds are so natural I wanna buy them for my friends“ (aus „Bluebirds“)
>>> www.roughtraderecords.com
Hörprobe unter >>> www.musikexpress.de
Mehr News und Stories