Alice Cooper – The Life And Crimes Of Alice Cooper :: Giftig

Er war der Alptraum jedes Spießers: die provozierendste und wildeste Figur der Szene. Alice Cooper – Erfinder der Rock ’n‘ Roll-Horrorshow und Glam-Rock-Pionier mit einer sexuellen Identität so offen wie der Reißverschluß seines hautengen Ganzkörper-Trikots. Auf dem Höhepunkt seines Ruhms 1971 bis 1975 erwirtschafteten die visuellen und tönenden Exzesse von Alice Cooper, ohne die es Showextravaganzen wie Kiss, White Zombie oder Marilyn Manson nicht geben würde, pro Jahr siebenstellige Dollarbeträge. Daß er es einmal weit bringen würde, war dem cleveren Entertainer, der 1945 als Vincent Dämon Furnier in Detroit das Licht der Welt erblickte, schon auf der Highschool in Phoenix, Arizona, klar. Mit einer aus dem Leichtathletik-Team der Schule rekrutierten Band (Gitarrist Glen Buxton, Keyboarder/Gitarrist Michael Bruce, Bassist Dennis Dunaway, Drummer Neil Smith), die sich erst Earwigs, dann Spiders und zuletzt Nazz nannte, entwickelte der Kunststudent eine Sado-Maso-Show als Satire auf den American Way Of Life. Als die Spiders 1968 nach Los Angeles umzogen, nannten sie sich – um Verwechslungen mit der gleichnamigen Formation von Todd Rundgren zu vermeiden – in Alice Cooper um. Schließlich wurden Frank Zappa und sein Manager Herb Cohen aufmerksam und signten die skurrile Crew 1969. Die Partnerschaft endete eineinhalb Jahre später nach zwei LP-Flops (PRETTIES FOR YOU, EASY ACTION) mit einem Schuldenberg von 100.000 Dollar. Ein Umzug nach New York brachte die Wende: Die Band fand in Produzent Bob Ezrin und Manager Shep Gordon das ideale Team zum Karrierepush. Das erste Album LOVE IT TO DEATH für den neuen Partner Warner Brothers enthielt die kontroverse Teenage-Angst-Hymne „l’m Eighteen“. In der Folge wurde das Travestie-Outfit der Band um ein wohlkalkuliertes Horrorund Splatterimage erweitert, das in den kommenden Jahren Alice diverse Bühnentode auf dem elektrischen Stuhl, durch den Strang und die Guillotine bringen sollte. Mit einem Schlag wurde die Alice Cooper Band zur nationalen Berühmtheit. In einigen US-Bundestaaten durften ihre Platten nur unter dem Ladentisch verkauft werden. Kraftvoller, kommerzieller Hard-Rock und enttabuisierende Songinhalte wie Kindesmißbrauch („Dead Babies“), Bisexualität („Be My Lover“) und Auftragskiller („Desperado“) verblüfften die wachsende Fangemeinde. Der von nun an mehr und mehr in den Focus rückende Frontmann integrierte sein Haustier, die Boa Constrictor Kachina, in die immer aufwendigeren Bühnenshows. Jetzt beherrschten Cooper und Co. mit zahlreichen Singlehits („Elected“,“No More Mr. Nice Guy“) und ideenreichen Konzept-Longplayern wie SCHOOL’S OUT und BILLION DOLLAR BABIES auch die Charts in Europa. Doch nach dem ’74er Werk MUSCLE OF LOVE lief sich das Horror-Konzept tot. Co-Autor Michael Bruce veröffentlichte ein Soloalbum und ließ gemeinsam mit seinen drei Ex-Kollegen 1977 unter dem Namen Billion Dollar Babies ein mäßiges Hard-Rock-Werk folgen. Mr. Furnier hingegen blieb das Glück zunächst hold: Mit den ehemaligen Begleitmusikern von Lou Reeds Live-Meilenstein ROCK ‚N‘ ROLL ANIMAL verzeichnete Alice veritable Erfolge. Anschließend jedoch begann auch sein Stern zu sinken. Die Partnerschaft mit dem muskelgestählten Gitarristen Kane Roberts bewog Cooper in den ‚8oern zu einer Besinnung auf alte Tugenden und einen Schwenk ins Metal-Lager. Zum 30. Jubiläum erfährt Alice, der Großmeister des Abgründigen, Ehrung in Form der opulenten 4-CD-Box THE LIFE AND CRIMES OF ALICE COOPER mit 88 remasterten Tracks inklusive zahlreicher Singles-Fassungen, Demo-Versionen und Obskuritäten. Die von Rhino Records zutage geförderten Schätze lassen Fanherzen höher schlagen. Gleich mit vier Titeln ist die Prä-Cooper-Ära vertreten: Collector’s Items der Spiders („Don’t Blow Your Mind“, „Hitch Hike“, „Why Don’t You Love Me“) und von Nazz („Lay Down And Die, Goodbye“) klingen noch nach Brit-Beat. Zahlreiche lange nicht erhältliche Singles-Versionen („School’s Out“, „Welcome To My Nightmare“, „Only Women Bleed“) bergen im Vergleich zu den LP-Fassungen einige Überraschungen. Weitere Kabinettstückchen folgen mit der Rock ’n‘ Roll-Parodie „Slick Black Limousine“ (1973 als Flexidisc dem englischen „New Musical Express“ beigelegt). Außerordentlich gut tönen auch diverse Duette mit so unterschiedlichen Partnern wie Soundgardens Chris Cornell („Stolen Prayer“), den Bee Gees („Because“ aus dem Film „Sgt. Pepper“), Broadway-Star Liza Minelli („Teenage Lament“), Donovan („Billion Dollar Babies“), Grusel-Enkel Rob Zombie („Hands Of Death“ aus „The X Files“) und Guns ’n Roses („Under My Wheels“).