Anne Clark – Live
Kammermusikalisches Experiment einer einst revolutionären Club-Ikone. Wie gnadenlos die gesellschaftliche und technische Entwicklung Jahrzehnte später fortgeschritten sein würde, konnte Anne Clark wohl nicht ahnen, als sie Anfang der 80er Jahre begann, die seelenlose soziale Kälte einer von geldgierigen Yuppies und politischem Rechtsruck dominierten Ära in wütenden Elektrohymnen zu analysieren. Die kleine, blonde Person, die kürzlich in Mainz ein komplettes Konzert filmen ließ, wirkt noch heute betörend unkonventionell. Schlicht inszeniert, streift die 49iährige Pianistin und Komponistin in 22 Songs einmal quer durchs üppige Repertoire der vergangenen Jahrzehnte. Ein Markenzeichen hat überlebt: ihr eindringlich stoischer Sprechgesang im Slang des Londoner Vororts South Croydon. Unterstützen lässt sie sich von einem fünfköpfigen Ensemble mit deutlicher Affinität zum kammermusikalischen Experiment, das virtuos zur Sache geht: Der Elektroniktüftler, Akkordeonspieler und Rapper Reiner von Vielen darf sogar ein Solointermezzo als menschliches Didgeridoo bestreiten. Mittendrin Anne Clark, die in ihrer gegenwärtigen Inkarnation eher an eine öffentlich-rechtliche TV-Moderatorin einer Literatur-Reihe erinnert als an die revolutionäre Club-Ikone von einst.
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