Axe – Living On The Edge

Axe machen kommerziellen Rock, das gibt Bandleader Bobby Barth offen zu: „Wir wollen Musik machen, die sowohl progressiv als auch kommerziell ist.“ Aberläßt sich Kommerzialität überhaupt mit Progressivität vereinbaren? Ich glaube kaum, jedenfalls sind Axe dazu nicht in der Lage. Die Band aus dem sonnigen Florida untermalt klare Gitarrenriffs – die oft auch heavy klingen – mit sauber gespielten Keyboards, genau wie es Styx, Foreigner oder New England seit Jahren machen. Oder meint Bobby mit progressiv etwa die manchmal auftauchenden spaceartigen Synthesizer-Klänge? Die waren vor zehn Jahren aktuell, und wer heute sowas hören will, kauft sich einfach eine alte Pink Floyd-Scheibe.

„Wir spielen keinen milchbübigen Rock oder Plastik-Disco sondern schlechthin Rock’n’Roll“/B. Barth. Die ersten beiden Statements sind richtig, aber gibt es zwischen ihnen und dem letztgenannten nicht noch einen sehr breiten Freiraum? Und gehört zum Rock’n‘-Roll nicht auch sowas wie Ausstrahlung, unbändige Spielfreude oder wenigstens Aggressivität? LIVING ON THE EDGE ist perfekt produziert, die Klangqualität ist hervorragend, die Musiker beherrschen ihre Instrumente und der Gesang wirkt sehr glatt und ausgefeilt. Auch Supertramps BREAKFAST IN AMERIKA weist diese Merkmale auf, ist aber trotzdem eine tolle Platte, LIVING ON THE EDGE dagegen nur mäßig. Der Unterschied liegt zum einen beim Songmaterial; Supertramp schreiben sich hervorragende, originelle Songs, die dann perfekt aufgenommen werden, die Originalität bleibt erhalten. Axe komponierten elf nichtssagende Stücke, die ebenfalls perfekt eingespielt wurden, aber dadurch natürlich schon lange kein besonderes Eigenleben bekamen. Und zum zweiten passen die obengenannten Merkmale zu einer Band wie Supertramp, bei Axe hätten sie eigentlich gar nichts zu suchen oder behaupten Supertramp etwa von sich, sie spielen schlechthin Rock’n’Roll?