Aztec Camera – Knife

Na Roddy, zu lange an der Westküste gelegen?

Die Attraktivität der amerikanischen Westküste (und des dort beheimateten Gitarren-Sounds von Freiheit, Abenteuer und Aufmüpfigkeit) gerade bei schottischen und nordenglischen Garagen-Popbands muß wohl in der romantischen Sehnsucht liegen, die wie verkümmerte Blümchen in der Tristesse der Working-Class-Hinterhöfe keimt.

Roddy Frame, mittlerweile 20jähriges Wunderkind, von Elvis Costello als wichtigster neuer Komponist beneidet, brillierte letztes Jahr mit einem fulminanten Debüt-Album: die Major Companies rissen sich um ihn.

Das Resultat liegt vor und es ging noch ein bißchen weiter westwärts. Ob nun Mark Knopfler produziert hat oder nicht, tut nichts zur Sache – zu klar abgesteckt war Roddys Vorliebe für Byrds-Gitarren und Cowboy-Schmalz.

Wieder sind die Texte rührig, rebellisch und kindisch unbeholfen, und wie schon letztes Jahr ist dem nicht viel Gewicht beizumessen. Um so fröhlicher schallen einem die Gitarren entgegen, wenn’s unbeschwerten Happy-Pop zu hören gibt. Dann klingen Aztec Camera wie Orange Juice (die wie die Byrds klangen) oder Haircut 100 (die alten: auf „All I Need Is Everything“ singt Roddy sogar ein wenig wie Nick Heyward) mit Breitwandorgel und Karibik-Bläsern.

Doch das Album bietet auch die traurigen Akustik-Gitarren fürs Lagerfeuer. Souverän schnulzt sich Roddy an der latenten Eagles/Crosby, Stills, Nash & Young-Gefahr vorbei und landet im Schlagerland eines Paul Simon (in „Backwards And Forwards“); auf „Knife“ aber dümpelt’s tranige neun Minuten lang in Westler-Weltschmerz: der Mann, seine Gitarre und die Prärie.

KNIFE ist der beste Gitarrenpop für kleine Jungs seit Nick Heywards Solo-LP und den Pale Fountains und somit genau das Richtige für den Herbst.

Wann gibt’s endlich das Aztec Camera-Notenbuch mit Grifftabelle für die Wandergitarre?