Before Sunset von Richard Linklater, USA 2004

Gehen. Reden. Und als Spezialeffekt Gesichter. Die von Ethan Hawke und Julie Delpy. Genial. Und natürlich schon mal dagewesen. Vor zehn Jahren, before sunrise hieß das damals, als Richard Linklater seinen amerikanischen Weltenbummel-Touristen Jesse und die reizende Französin Celine durch Wien streifen und über Gott, Welt und alles andere Wichtige im Leben schwadronieren ließ, während man sich als Zuschauer Hals über Kopf in die beiden verlieben durfte. Jetzt treffen die zwei erstmals seit Jesses Abflug in die USA am Ende von before sunrise wieder zusammen. Und Gott sei Dank lässt uns Linklater Zeuge sein, wie die beiden diesmal in Paris ihre Lebensgeschichten in der einen Stunde vor Sonnenuntergang in Realzeit up to date bringen. Er, mittlerweile Schriftsteller, ist da, um in der Stadt der Liebe sein Buch über genau diese eine Begegnung in Wien vorzustellen. Sie sucht ihn in der Buchhandlung auf, in der er vorliest. Danach wird geredet. Und geredet. Und noch mehr geredet. Und gelacht und dann sogar mal geschimpft. Und am Ende hört man gemeinsam Nina Simone. Und dann ist da noch die eine kleine Geste, die man nicht verraten darf, weil man sie als Zuschauer selbst entdecken soll. Wie überhaupt der ganze Film eine Entdeckungsreise ist, an den Anfang der Nacht. Das ist auch deshalb so spannend, weil es schon für die Macher spannend war. Zu Dritt haben Linklater, Delpy und Hawke das Drehbuch verfasst, das sie in 15 Tagen fast ein wenig im Guerrilla-style ver; filmten. Besonders schön ist, dass maU: hier wirklich Menschen zusehen und -hören darf, die erkennbar und spürbar neun = Jahre älter sind als beim letzten Mal. Wieder ist es ein Zusammentreffen amerikanischer und französischer Sensibilitäten. Die intensiven, improvisiert wirkenden Charakterisierungen erinnern an AUman, die Unterhaltungen an Rohmers spröde Konversationsstücke. Und die Idee, ein und dieselben Figuren nach Jahren wieder zu besuchen, ist Truffaut pur. Dessen Antoine-Doinel-Filme brachten es in 20 Jahren auf fünf Teile. Das wünschte man sich auch für die hoffentlich andauernde Ballade von Jesse und Celine.