Ben Harper – The Will To Live

Moment mal! Falsches Tape oder was? Krachende Drums, sägende Gitarren? Das ist doch… Aber nein, da kreischt ja gar nicht Robert Plant. Ben Harper ist’s, der Schelm, der da gegen eine veritable Lärmwand ansingt, die Led Zeppelin alle Ehre machen würde. „Faded“ heißt der Opener seines dritten – und wiederum vorzüglichen-Albums THE WILL TO LIVE, und der Kontrast zum nachfolgenden „Homeless Child“ könnte krasser nicht sein. Eben noch Klänge aus Metropolis, Sekunden später archaische Soundlandschaften, durch die die Töne einer akustischen Slidegitarre wehen wie der Wind durch die Baumwollfelder des amerikanischen Südens. Nicht minder abwechslungsreich geht’s weiter: mit einem Instrumentalintermezzo („Number Three“), einer Monsterballade, die sich wie ein Adler in die Höhe schraubt („Roses From My Friends“), einem unterkühlten Zeitlupenreggae („Jab Work“), der mehr mit Vic Chesnutt als mit Bob Marley zu tun hat, mit unter die Haut gehendem Gospelgesang (I Want To Be Ready“). Beim wunderschönen Country-Schleicher „Ashes“ verbreitet eine zirpende Mandoline Lagerfeuerromantik, ehe wie aus heiterem Himmel ein Saxophon hereinschneit, beim federleichten „Mama’s Trippin'“ scheint man sich in eine hypnotische Grateful-Dead-Session verirrt zu haben, Percussionwirbel und Bläserakzente inklusive. Zweimal noch, mit dem auf einer bebenden Bassline basierenden Titelstück und dem bärbeißig groovenden „Glory & Consequences“, wird Gas gegeben. Das Fadeout besorgt das grandiose, nur von Gitarre und Fiedel getragene „I Shall Not Walk Alone“, das nicht aufzuhören, sondern mit den Wolken weiterzuziehen scheint. Dorthin, wo das Gras grüner, das Leben glücklicher und der Sommer endlos ist. Dorthin also, wo Ben Harper singt.