Pop: Ein stilistisch gemischtes Album, mit dem der Franzose die Vorstellung entkräftet, nur auf neuen Chanson aus zu sein.

Er gilt als durch und durch französisch. Die kunstvoll geschwungenen Streicher, seine tiefe Ausziehstimme, die verführerische Langsamkeit und die Sprache machten Benjamin Biolay gleich mit seinem Debütalbum Rose Kennedy zum neuen Serge Gainsbourg und zum Aushängeschild des neuen Chanson. Das hat in den Jahren danach sehr an ihm genagt. In Gesprächen beschreibt er sich als Opfer des falschen und unbeabsichtigten Vergleichs. Auf einigen Alben reagierte er darauf bockig. Jetzt hört es sich so an, als wolle Biolay im Handstreich dafür sorgen, dass dieser Ballast aus seinem Leben verschwindet. Ein echter Rocker wird natürlich nie aus ihm werden, aber er bemüht sich, wie einer zu singen. Völlig distanziert er sich nicht von den Orches­terarrangements seiner Zeit am Konservatorium. Aber die Unterschiede im Vergleich zu früher sind dennoch auffällig. Noch nie hat es auf einem Biolay-Album so viele stilistische Sprünge gegeben. Er sucht Nähe zu Idolen seiner Jugend, vor allem zu den Smiths und New Order. Er singt ein Duett mit Vanessa Paradisund lässt dabei das Wort Profit wie eine Liebeserklärung klingen. Er stattet Buenos Aires einen Besuch ab, adaptiert Funk, Soul und HipHop, bindet im Titelsong den englischen Schlawiner Carl Barât mit ein und tut auch sonst viel, was ihn mehr als internationalen Künstler erscheinen lässt. Einiges davon wirkt etwas zu gewollt und auch mal unpassend (die übertriebenen Synthesizer in „Marlène Déconne“), doch unter dem Strich bestätigt der bald 40-Jährige einmal mehr seine Sonderstellung im Gegenwartspop unserer Nachbarn. 

Key Tracks: „Profite“, „Sous Le Lac Gelé“, „Belle Epoque“