Berkeley In The Sixties
Bevor in Paris die Barrikaden brannten und bevor die Berliner K1 ihre Gesäße fotografieren lielida rumorte es ganz gewaltigin Kalifornien. Genauer: an der Universität in Berkeley bei San Francisco. Es warja auch etwas faul im Staate Amerika: Redefreiheitgenoss nur, werangepasst war, also ohnehin nicht allzu viel zu sagen hatte. Kritik zu äußern, war unamerikanisch und damit höchst verdächtig. Schwarze hatten noch immerwenigbisgarnichtszu lachen,von Norden nach Süden betrachtet. Dafür wurden eifrig Atombomben gebaut und Nonkornformisten ganz grundsätzlich als Kommunisten beschimpft. Das Gebot der frühen sechziger Jahre lautete eben: Klappe halten, konsumieren und Karriere machen. Was einige Studenten in Berkeley partout nicht als Lebensentwurf akzeptieren wollten, weshalb die Geschichte ihren Lauf nahm: Dem Free Speech Movement folgte die Bürgerrechtsbewegung, die Anti-Atom-Bewegung und schließlich der Protest gegen den Vietnamkrieg. Und als die revolutionären Schwestern genug davon hatten, immer nur Kaffee kochen und Flugblätterverteilen zu dürfen,formierte sich die Frauenbewegung. Für Ronald Reagan, damalsGouverneurdesStaates Kalifornien und um keine noch so populistische Erklärung verlegen, war die Sache natürlich klar: Es geht diesen Unruhestiftern nur um Drogen, Sex und Radikalpolitik. Für die „Black Panthers“ wardie Sache indes auch klar: Um dem weißen Mann Angst einzujagen, müssen Waffen und paramilitärische Strukturen her- die Radikalisierung hatte begonnen.Via Archivmaterial und Interviewsmit damals Beteiligten zeichnet die 1991 für einen „Oscar“ nominierte Dokumentation von Mark Kitchell die urdemokratischen Entwicklungen nach, die Berkeley, Amerika und schließlich die halbe Welt veränderten. Von den liberalistischen Anfängen über hedonistische, völlig unpolitische Hippies bis hin zu den Träumern, Spinnern und Militanten,deren radikale Konzeptionslosigkeit den gesellschaftlichen Fortschritt eher behinderten als förderten, und wieder zurück zu den Pragmatikern, die weiterkämpfen. An verschiedenen Fronten, im Kleinen wie im Großen. Ein spannendes Zeitdokument, und unterhaltsam obendrein, denn Berkeley in the sixties ist erfreulicherweise weit entfernt von betulicher Geschichtsaufarbeitung, nervt im Cegenzug aberauch nicht mitallzu reißerischer Dramatisierung. Musik spielte als gegenkulturelle Klammer zwar eine erhebliche Rolle, was in Kitchells Film allerdings nurangerissen wird. Macht aber nichts: Menschen, die sich Bevormundung und Unfreiheit widersetzen, sind Rock’n’Roll genug.
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