Björk :: Homogenic

Genial

Du brauchst Fäustlinge und Schneeschuhe, mein Freund. Und wenn du lange genug nach Norden wanderst, dann begegnet dir in klirrender Kälte vielleicht dieses geisteskranke Streichorchester. Sparsam, fast geizig, legt das Icelandic String Ortet mit blaugefrorenen Fingern seinen seidenen Teppich aus kippenden Harmonien und filmischer Wärme in den Schnee. Beschaulich dümpelt unten im Hafen ein verlorenes Schifferklavier. Grollend und polternd schließlich ebnet fernes Groovegewitter den Weg für den Auftritt der Schneekönigin, der Stimme, der Björk Gudmundsdottir. Nach DEBÜT, POST und dem verschwitzten TELEGRAM kommt uns die 32jährige nun mit HOMOGENIC. Und was, bitteschön, soll unsereins dazu noch einfallen? Hmm? Daß es ein epochales Meisterwerk von höheren Gnaden geworden ist? Daß selbst die komplexesten Drum ’n‘ String-Arrangements (Howie B, Mike Bell und RZA) licht und leicht bleiben? Daß die Lady mit inbrünstiger Besessenheit Stimme über Stimme schichtet und singt? Und singt. Und singt. Und selbst wenn das singuläre Talent einer Kate Bush in den intimsten Momenten ihrer besten Platten kurz zu sich selbst fand, ruhig und von kühler Majestät – dann war das ein Scheißdreck gegen diesen mineralischen Monolith aus Geist und Seele. Es friert den Kritiker im Schatten dieser Schenkung, in behaglicher Sprachlosigkeit lehnt er sich zurück und stirbt.