Black Sabbath :: Black Sabbath /Master Of Reality
Billig, aber ewig: zwei von vier Klassikern der Heavy-Metal-Gruselromantiker. Es begann mit einem Gewitter – und drei Tönen, in denen die Essenz all dessen enthalten ist, was folgte, auf zwei, nein: Tausenden von Plattenseiten, die irgendwie mit dem merkwürdigen Begriff Heavy Metal zu tun haben. Diese drei simplen Töne, viereinhalb Minuten lang stoisch und in derart aufreizend zähem Tempo wiederholt, dass unvorbereitete Hörer automatisch den Geschwindigkeitsregler auf 78 stellten, haben in 40 Jahren nichts von ihrer magen- und hirnschmetternden Wirkung verloren. Nach wie vor verstrahlt der Titelsong des Debüts BLACK SABBATH der ein paar Wochen zuvor (zunächst in Earth) umgetauften PolkaTulkBluesBand mehr Härte, Wahn, Bösartigkeit, Verzweiflung, Unfrieden und Leere als alles, was bis dahin und danach auf Rockplatten zu hören war. Die Alltagsrealität ihrer Heimat Birmingham war ein Universum entfernt von Swinging London und den bunten Träumen kalifornischer Blumenkinder: Ozzy Osbourne (der wegen Ladendiebstahl im Gefängnis gesessen hatte), Tony Iommi, Geezer Butler und Bill Ward entstammten weder akademischen Milieus noch traditionellen Oberschichten, die im wirtschaftlichen Boom der 60er prosperierten, sondern der Arbeiterklasse, schlugen sich als Tagelöhner, Straßengangster und Kleinkriminelle durch und waren auch musikalisch keine hypertalentierten Wunderkinder. Ihre Interessen beschränkten sich auf Drogen und Okkultismus, Toningenieur Tom Allom nannte sie „den dreckigsten, schlampigsten, furchterregendsten Haufen, den ich je gesehen habe“, aber nicht nur er war überrascht von Eifer und Disziplin der Band, deren Manager die Aufnahmen des ersten Albums finanzierte, weil keine Plattenfirma etwas damit zu tun haben wollte. Iommi, im Dezember 1968 ein paar Wochen lang Mitglied bei Jethro Tüll, lernte dort, was nötig ist, um im Musikgeschäft zu bestehen: früh aufstehen und proben,proben,proben-in nicht ganz zwölf Stunden war die Platte auf Band, gemischt wurde am nächsten Nachmittag. Ihr ultraprägnanter Stil war nur teilweise das Resultat bewusster Entscheidung – bei Engagements wie im Hamburger „Star Club“ standen sie bis zu neun Stunden auf der Bühne, konnten aber nur “ ungefähr zehn Songs, also mussten wir 45-Minuten-Songs draus machen“ (Butler). Die Hetze im Studio tat ein Übriges: Es war keine Zeit für Overdubs und Experimente. Das Label Philips kaufte die Billigproduktion, und nachdem die Single „Evil Woman“, eine Coverversion von Crow, nur zu dem Zweck aufgenommen, in die Charts zu kommen, dieses Ziel verfehlte, landeten Sabbath auf Philips‘ Underground-Label Vertigo, dessen Marketingabteilung das Album an einem Freitag, den 13. (Februar 1970) veröffentlichte, ohne Wissen der Band mit einem umgedrehten Kreuz im Innencover verziert, was sich als Prägung für alle Zeiten erweisen sollte, obwohl die Band nie auch nur ansatzweise Reklame für Satanismus im Sinn hatte. Die wenigen Kritiker, die sich mit der Platte überhaupt befassen mochten, fanden kein gutes Haar daran, die Fans schon: Sie erreichte die Top Ten, hielt sich 42 Wochen in den Charts und machte Sabbath zum Sensationserfolg des Jahres. Das (nach PARANOID) im Juni 1971 folgende dritte Album MAS-TER OF REALITY fügte der etablierten Formel wenig hinzu; mit Ausnahme der weltraumleeren Ballade „Solitude“ klingt es wie eine Alternativversion des Debüts und ist für all jene Musikliebhaber, die nicht jeden Sabbath-Ton im Haus haben wollen, verzichtbar. Die „Deluxe Expanded Edition“ beider Alben enthält auf der Zweit-CD leider nicht die erhofften frühen Demos und Earth-Aufnahmen, sondern nur einen Outtake, eine B-Seite und ein paar Alternativversionen, ohne die die Welt nicht untergeht.
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