Blair Witch Project :: Panisch
Auch wenn es wohl kaum mehr jemanden geben dürfte, der die Erfolgsgeschichte von BLAIR WITCH PROJECT noch nicht kennt, ist sie einfach viel zu gut, nicht noch einmal erzählt zu werden. 35.000 Dollar hatten Edward Sanchez und Daniel Myrick zur Verfügung, um ihr Regiedebüt zu realisieren. Um die kommerziellen Aussichten für ihr Ultra-Low-Budget-Projekt über eine Gruppe von Filmstudenten, die bei ihren Arbeiten an einer Dokumentation über die mysteriöse Hexe von Blair in einem Wald verschollen gehen zu erhöhen, begannen Myrick und Sanchez noch vor Drehbeginn, im Internet auf einer eigenen Website (www.blairwitch.com) eine bis ins 18. Jahrhundert zurückreichende Rahmenhistorie für die Blair Witch zusammenzuspinnen. Nicht weniger abenteuerlich waren die Dreharbeiten: Es gab lediglich ein formloses Drehbuch, das die drei aus 2000 Kandidaten ausgewählten Hauptdarsteller nie zu sehen bekamen. Sie wurden nur über das Gröbste informiert, an einer 16mm-Schwarzweiß-Kamera, einer Videokamera und einem Tonband ausgebildet und dann acht Tage lang in den Wald geschickt, wo sie in keinerlei direktem Kontakt mit den Filmemachern standen. In regelmäßigen Abständen ließ man den Dreien unabhängig voneinander Informationen zukommen, was sie in den nächsten Stunden erleben oder wohin sie sich begeben sollten. Von außen wurden ihre Schritte verfolgt und nach Möglichkeit manipuliert. Wenn die zunehmend ausgemergelt und aufgelöst aussehenden Darsteller nachts in ihrem Zelt von Geräuschen geweckt werden, ist ihre Verwirrung und Angst echt, weil sie selbst nicht wissen, was als nächstes passieren wird. BLAIR WITCH PROJECT ist ein Experiment, eine Übung in Terror. Aber der Film ist nicht nur aufgund der Umstände seiner Entstehung faszinierend. Er funktioniert auch nicht einfach nur angesichts seines niedrigen Budgets sehr gut – er funktioniert einfach. Punktum. Weil er eine im Kino unserer Zeit vernachlässigte Emotion gezielt herauskitzelt und mit simpelsten Mitteln nährt: Panik. Ausgehend vom nackten Horror der Videosequenz von HENRY: PORTRAIT OF A SERIAL KILLER von 1986, in dem zwei Killer eine Familie vor laufender Videokamera meucheln, macht sich BLAIR WITCH PROJECT den Echtheitsanspruch körniger Videoaufnahmen zunutze und breitet eine Geschichte aus, an der nichts gekünstelt wirkt. Wenn in Nachtsequenzen die Leinwand minutenlang schwarz bleibt, weil nur das Tonband läuft und die Scheinwerfer erst gesucht werden, wächst der Horror im Kopf und steigert sich mit jedem hyperventilierenden Atemstoß und Rütteln der Kamera weiter bis zu einer Auflösung, die dem Zuschauer endgültig den Boden unter den Füßen wegzieht. Ob dieser Geniestreich seine Wirkung nach allem, was bereits darüber geschrieben wurde, auch hierzulande wird entfeiten können, ist schwer zu beurteilen. Sicher ist allerdings, daß BLAIR WITCH PROJECT ein Filmerlebnis ist, wie man es noch nie zuvor hatte.
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